03.03.2006

Altes Ferndorf in der Roten Schule

Kreuztal-Ferndorf. (sw) An der Wand Tornister, Bilder von Ferndorfs alten Schulen einschließlich der, die einmal die Hermann-Göring-Straße als Adresse hatte. Im Treppenhaus die alte Schulglocke aus dem Turm, der den Krieg nicht überstand. Vergangenheit ist kein Idyll. "Ich weiß noch jede Ecke, wo ich Schläge bekommen habe."

Sagt Eckhardt Dippel, der von 1945 bis 1953 in die "Rote Schule" gegangen ist. Und erinnert sich an den Wunsch, dieses Haus niemals wieder betreten zu wollen. Welch ein Irrtum: Seit zwei Jahren ist der stellvertretende Vorsitzende der SGV-Abteilung Ferndorf-Kreuztal Hausherr der ehemaligen Schule, die seit nunmehr fast 40 Jahren Museum ist. Hartmut Holze, Henning Bender, Dietmar Stahlschmidt und Niels Hoyer gehören mit zum ehrenamtlichen Team, und wenn unter der Woche Kindergartengruppen oder Schulklassen geführt werden wollen, ist auch Erich Arnold zur Stelle. "Die haben hunderttausend Fragen", erzählt Dippel.

Drei Klassenräume, in denen einst jeweils bis zu 50 Kinder unterrichtet wurden, bilden den Kern der Ausstellung. Unten die Kojen für das Kirchliche mit einem Teil des alten Altars, ein Jahrhundertwende-Wohnzimmer mit Kurbel-Telefon, in dem die Menschen zum Erstaunen mancher Gäste einander gegenüber saßen und nicht nebeneinander vor dem Fernseher, Bergbau-Spuren aus dem Zitzenbachtal ("Da habe ich selbst mitgegraben"), der Webstuhl von Anneliese Flender, die kurz vor Weihnachten verstorben ist.

Oben: Die Pfeifen vom "Piffehänner", Schlittschuhe, Besteck, Spielzeug - kurz, alles, was die Heimatstube ausmacht, die 1967 zu Ferndorfs 900-Jahrfeier eröffnet wurde und aus der das heutige Museum hervorging. Im Raum daneben ein "Gedänn", eine Tenne unter anderem mit der Haustür des Leimfabrikanten Münker und Tür und Treppengeländer des abgebrochenen Hofguts Langenau. Im Treppenhaus: die neue Haubergs-Ausstellung. Für das Dachgeschoss und die noch von den Segelfliegern benutzte Klasse: jede Menge Pläne.

Eckhardt Dippel spricht von einer "Renaissance", wenn er von der Entwicklung des Museums berichtet: "Fast jeden Sonntag kommt jemand und bringt etwas vorbei." Meist Kleinigkeiten, die er in seiner Werkstatt auf dem Speicher aufarbeitet - vor allem dem Holzwurm gilt der Kampf. Manchmal aber auch ganz große Stiftungen wie die 70 Jahre alte Schusterwerkstatt von Heinz Rethagen, die im Museum wieder aufgebaut werden soll. Die frei gewordene Wohnung unterm Dach könnte Dippel sich eingerichtet vorstellen: als Badestube, als Spielzimmer - für alles sind Exponate auf Lager. Voraussetzung ist eine gründliche Renovierung: "Bisher scheitert es am Geld."

Das hindert nicht daran, das Haus mit kleinen Attraktionen interessant zu machen: Am Sonntag zum Beispiel wird in Ferndorf eine kleine Ausstellung mit Kapotthüten präsentiert. Zu den haubenartigen Kopfbedeckungen, von denen einige über hundert Jahre alt sind, werden Umhängetücher und Schuhe gezeigt - Impressionen aus einer Landgemeinde im Sonntagsstaat. Wer weiter durchs Haus geht, entdeckt auch das aufgeschlagene "Ehrenbuch", das Schuhhändler Alfred Schwarz im ersten Weltkrieg angelegt hat: eine Seite, ein Bild von jedem Ferndorfer Soldaten. "Das Buch ist voll", erzählt Dippel. Die gute, alte Zeit - das war eben nicht nur Rodeln auf dem "Melker" und Spielen mit den Puppen, sondern auch harte Arbeit und großes Leid. Wieder etwas gelernt, in der alten Schule.

Das Heimatmuseum Ferndorf ist an jedem ersten Sonntag eines Monats von 14 bis 17 Uhr geöffnet, das nächste Mal am 2. April.