08.01.2006

Ein Platz für wirklich wilde Fische

Mit Elektrogerät und Sondergenehmigung suchen Fischereifachleute nach den halbwüchsigen Tieren im Zitzenbach. (WR-Bild: Eilert)

Kreuztal-Ferndorf (Klaus-Peter Eilert). Mit Stiefeln und einem Elektrofischgerät durchstreiften am Samstag Fischereiexperten den Oberlauf des Zitzenbachs. Sie prüften, ob ganz besondere "wilde" Bachforellen dort wieder heimisch geworden sind. Forelle und Forelle sind noch längst nicht dasselbe, erläutert Hans-Dieter Krause. Auch dann nicht, wenn sich die Fischchen scheinbar bis in die letzte Schuppe gleichen. Denn viele dieser Tiere sind zwar Bach-forellen - aber sie haben einen Nachteil: "Sie stammen meistens aus Zuchtanlagen." Das bedeutet, dass sie keine echten Wildtiere mehr sind. Sie verfügen nicht mehr voll über die Instinkte, wie sie jene Fische besitzen, die über Gene-rationen hinweg in freier Natur lebten und sich dort vermehrten. Hans-Dieter Krause: "Wenn wilde Forellen eine Bewegung erfassen, wittern sie Gefahr und verschwinden schnell. Die Gezüchteten verbinden mit einer Bewegung am Ufer, dass sie gleich gefüttert werden." Pech, wenn es der Fischreiher war, der sich bewegt hatte.

So ging es auf die Suche nach Tieren, die sich noch nicht derart angepasst haben. Einige Exemplare ursprünglicher, wirklich wilder Forellen gibt es im Siegerland: "In manchen Bächen haben sich die alten, so genannten autochthonen Stämme erhalten", sagt Hans-Dieter Krause. Dort holten die Fischerei-fachleute vor einiger Zeit Elterntiere schonend aus dem Wasser, damit die sich kontrolliert vermehren konnten.

Das geschah zwar dann auch in einer Fischzuchtanlage - allerdings nur für einen sehr kurzen Zeit-raum. Kaum ausgebrütet, wurden die Tierchen ausgesetzt. So besitzen die bei diesem Experiment heranwachsenden Fische vermutlich noch mehr natürliches Verhalten und sind besser an die jeweiligen Gewässer angepasst als die reinen Zuchttiere. In Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Fischerei in Kirchhundem-Albaum begannen die Fischereigenossenschaft, der Kreuztaler Verein für Fischerei und Gewässerschutz und weitere dieses Projekt. Insgesamt 10 000 Setzlinge brachten sie in Gewässer aus, die dafür besonders geeignet waren. Am Wochenende kontrollierten sie erstmals, ob die Tiere in den Gewässern wieder heimisch geworden sind. Mit einem Elektrofischgerät, für dessen Einsatz eine besondere Ausbildung und jeweils eine Genehmigung notwendig ist, betäubten sie die Tiere. So ließen die sich leicht mit dem Kescher fangen und begutachten. Günther Kraus und Thorsten Fischer notierten penibel jeden Fang - dann durften die Fischchen wieder zurück in die Freiheit. Ein paar Sekunden, und sie waren sie wieder wach und schwammen blitzschnell in den nächsten Gumpen. Dabei wissen die Fachleute, dass die weitaus meisten Tiere den Kampf ums Dasein bereits früh ver-lieren. Zahlreiche Fressfeinde, von der Eintagsfliegenlarve über den Gelbrandkäfer bis zum Eisvogel, fordern ihren Tribut. Hans-Dieter Krause: "Aber das ist nun einmal der Gang der Natur. Wenn wir aus den 10 000 Setzlingen insgesamt 500 Tiere erhalten, sind wir zufrieden."


Einen großen Erfolg verzeichnete das Projekt am Samstag im Heimkäuser Bach bei Kreuztal-Littfeld. In dem hatte es nämlich wegen des benachbarten Erzbergbaus seit 100 Jahren keine Fische mehr ge-geben. Nun tummeln sich dort wieder wilde Forellen: 17 Prozent der eingesetzten Tiere fanden sie wieder.