02.10.2007

Tabak-"Plantage" vor der Haustür

Henning Münker züchtet sein eigenes „Raucher-Kraut" 
„Es riecht irgendwie anders"

nja Ferndorf. Ferndorf ist legendär als Herkunft der vermeintlich dicksten Duffeln. Dass die Scholle in dem Kreuztaler Ortsteil sich allerdings auch für den Anbau etwas exotischerer Gewächse eignet, das beweist seit rund drei Jahren ein "Eingeborener" in seinem Vorgarten. Bei einem Dutzend Pflanzen von einer Plantage zu sprechen, ist sicherlich vermessen, obwohl die Hirnsynapsen diesen Begriff dem Sprachzentrum in diesem Zusammenhang sofort anbieten, denn: Henning Münker züchtet keine Geranien und auch keine Möhrchen. Er baut am Gasser Weg Tabak an. Hauptsächlich aus Jux, daneben aber auch für den Eigenbedarf.

Die Idee entstand, als der frühere Bundesfinanzminister Hans Eichel Anfang 2005 die Tabaksteuer erhöhte. Henning Münker raucht seit rund einem Vierteljahrhundert. Die Steuererhöhung hat mich aufgeregt, und ich habe mir gedacht: "Was der Uropa nach dem Krieg geschafft hat, das kriegst du doch auch hin", erinnert sich der 35-Jährige an die "zündende" Idee zum Tabakanbau. So besorgte er sich zunächst kleine Tabakpflänzchen der Sorte "Virginia". Und siehe da: Im Beet vor der Haustür fühlten sich die Nachtschattengewächse ganz offensichtlich wohl. Münker: Der Tabak wuchs relativ prächtig. Da hat mich der Ehrgeiz gepackt und ich hab mir gesagt: 'Wenn er hier wachsen will, dann soll es so sein!' Und es begann Phase zwei in der Geschichte des Ferndorfer Tabakanbaus: Henning Münker besorgte sich Samen, ging sozusagen unter die Züchter.

Die Samen-Körnchen erinnern optisch an Kaffeepulver. Mit einem befeuchteten Finger, so erklärt Henning Münker, kann man sie sicher unter die Erde bringen. Dies geschehe Anfang des Jahres. Im Frühjahr werden die kleinen Pflänzchen dann pikiert und wachsen sodann vor der Haustür - bislang prächtig - heran. Münker erinnert sich lachend an die ersten Kommentare der ahnungslosen Verwandtschaft: "Oh, er hat Salat gepflanzt!"

Die Ernte erfolgt Ende September idealerweise am Nachmittag, wenn die Blätter etwas schlaffer sind als im morgentlich ausgeruhten Zustand. Hellgrün bis gelbe Blätter sind erntereif. Vorsicht ist gefragt, denn werden die Blätter gedrückt, kann dies zu braunen Flecken und in der Folge zu Schimmelbefall führen. Und da wird sicherlich selbst der hartgesottenste Raucher allmählich nachdenklich.

Der Ferndorfer lagert die Blätter nunmehr für rund drei Monate auf den "Ollern" - sie hängen, fein aufgefädelt, in luftiger Höhe zwischen zwei Dachsparren des Altbaus. Nach Ablauf des Vierteljahres kommen die Blätter in den Backofen. "Sie müssen schwitzen", erklärt Henning Münker. Der Tabak wird bei rund 60 Grad fermentiert. Das geht natürlich auch in Tücher eingepackt zwischen zwei Heuballen. Danach muss das Kraut nur noch geschnitten (Henning Münker bedient sich hierbei eines Reißwolfs) und geraucht werden.

Seitdem der Ferndorfer auf Saatgut zurück greift, hat sich das Sortiment erweitert. Aktuell gedeihen am Gasser Weg neben dem Virginia-Tabak auch Orientalischer Xanthitabak ("zum Würzen"), Panama-Burley (ein weicher Tabak) sowie der "scharfe" Badische Geudertheimer. Diese Sorten mischt Genussmensch Münker zu seinem ganz speziellen Blend: 40 Prozent Virginia. 30 Prozent Burley, 20 Prozent Geudertheimer und 10 Prozent Oriental. Auf die handelsüblichen Zuatzstoffe in den Zigaretten wie Kakao, Lakritzextrakt oder Zucker wird selbstverständlich verzichtet.

Und das schmeckt nicht nur der Raucher, das schnüffelt auch der Passivraucher. "Es riecht doch irgendwie anders", sagt Münker mit einem fragenden Unterton und nimmt einen tiefen Zug von der Selbstgedrehten aus dem eigenen Garten. "Es stinkt anders", antwortet die Nichtraucherin, und Henning Münker sieht sich erfreut bestätigt - meint mit einem begeistert-stolzen Unterton: Wohl? Es hat eine ganz eigene Note, irgendwie!'

Im Küchenschrank, neben Zucker und Mehl, lagert er sein Saatgut für die kommenden Jahre. Mehr als acht Zigaretten Marke Eigenanbau könne er am Tag nicht rauchen. Insofern hält sich die Steuerersparnis natürlich stark in Grenzen Aber das, so betont er, sei zwar Auslöser der Initialzündung gewesen, heute aber nicht mehr Triebfeder seiner Aktivitäten: "Ich lese mir immer wieder neue Tricks zum Anbau und zur Verarbeitung an, die Pflanzen müssen gehegt und gepflegt, Geiztriebe und Blüten regelmäßig abgeschnitten werden", erzählt Henning Münker. Das macht einfach Spaß, ist ein schönes Hobby geworden."