09.08.2009

Arbeitskreis Ortsgeschichte zu Gast bei "Bender-Ferndorf"

Wer hat sie noch nicht mitten in Ferndorf gesehen? - Die Schwertransporte mit „Ferndorfer Rohren“ (siehe auch Anekdote unten), die per Bahn oder LKW regelmäßig die Reise in die weite Welt antreten! Aber wussten Sie auch schon, dass bei „Benders“ 1980 das weltweit erste spiralnahtgeschweißte Großrohr mit 25mm Wandstärke hergestellt wurde?

Der Arbeitskreis Ortsgeschichte hatte sich am 22. Juli zur Betriebsbesichtigung bei der Fa. Bender-Ferndorf Rohr GmbH angemeldet, um einen Einblick in die Herstellung dieser „Hightech-Produkte - Made in Ferndorf“ zu gewinnen.

Im Jahre 1917 gründete Ernst Bender die Firma „Eisen- und Metallwerke Ferndorf GmbH“, die mittlerweile im Besitz der dritten Familiengeneration ist. Als erfahrener Hersteller von längsnahtgeschweißten Rohren war es für die Firma in den 1950er Jahren naheliegend, einen neuen Fertigungszweig für spiralnahtgeschweißte Rohre aufzubauen.

Mit diesem Produkt hat die Firma seit nunmehr fünf Jahrzehnten immer neue Akzente gesetzt und sich ein Alleinstellungsmerkmal „eine Marke“ aufgebaut, die in Fachkreisen weltweit bekannt ist. Die Rohre erfüllen allerhöchste Qualitätsansprüche, so dass „Bender-Ferndorf“ auch angesichts eher kleiner Fertigungsmengen bei großen Projekten im „Nieschenbereich oft zum Zuge kommt“. Fast alle Maschinen stammen übrigens aus eigener Herstellung oder wurden den Anforderungen entsprechend individuell angefertigt.

Nach vier Tagen noch heiß genug, um sich zu verbrennen
Das Material für die Rohre - die 34 Tonnen schweren Coils der Thyssen Krupp Stahl AG aus Duisburg - lagen zwar schon seit einigen Tagen in der Halle, waren aber immer noch heiß genug, um sich daran verbrennen zu können. Da das aufgerollte Rohmaterial aus Transportgründen nur eine begrenzte Länge hat, muss die Produktion der spiralnahtgedrehten Rohre immer wieder angehalten werden, um den Nachschub aus dem abgewickelten Rohstoff zusammenzuschweißen. Momentan wird jedoch intensiv daran gearbeitet, diese Stillstandzeiten zu verkürzen. Bei „Benders“ wird auch in Zeiten der Wirtschaftskrise rund um die Uhr in drei Schichten mit insgesamt rd. 100 Mitarbeitern gearbeitet. Mehr geht aber nicht und ist auch nicht gewollt.

Alle zwei Tage ist ein Zug voll
Bei einer Tagesproduktion von 450 Tonnen Stahl ist alle zwei Tage ist ein Zug voll. Die fertig geschweißten Rohre werden zumeist über den werkseigenen Gleisanschluss auf die Eisenbahnschienen verfrachtet. Per LKW erreichen nur die Rohre ihr weiteres Ziel, wenn beim Empfänger keine ausreichenden Bahnkapazitäten zur Verfügung stehen.

Bender-Rohre sind übrigens bei folgenden Projekten eingebaut worden:
- CERN (Teilchenbeschleuniger in Genf)
- Rammrohre der Schleusentore in Venedig
- Trinkwasserleitungen der Bodenseewasserversorgung (Stuttgart und Umgebung)
  und bei vielen anderen Projekten – siehe www.bender-ferndorf.de

Der Arbeitskreis Ortsgeschichte beschäftigt sich derzeit u.a. mit der Ferndorfer Wirtschaftsgeschichte. Geplant ist eine Veröffentlichung in der nächsten Ferndorf-Chronik (Bd. 4). Das nächste Treffen ist am 15. September um 19.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus in Irlenhecken. Neu-Interessierte sind herzlich willkommen.

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Anekdote von einem Ferndorfer und zwei Amerikaner

Ein Ferndorfer steigt in Kreuztal in den D-Zug nach Hagen zu zwei Amerikanern ins Abteil. Die fragen ihn gleich, wo er denn her sei. Er guckt sie groß an und sagt: „Wo kann man anders her sein als von Ferndorf!” „0 yes", erwidern die beiden - „wo die Deuker her sind!” Sie zwinkern einander zu, als wollten sie sagen: Nun aber nichts wie ran, den trumpfen wir! Und sie fingen an, alle Register zu ziehen über all das Großartige in Amerika und anderswo nie Erreichte. Wolkenkratzer mit mehr Telefonanschlüssen als im ganzen Amt Ferndorf, der Niagarafall mit Millionen von bunten Glühbirnen, Atombomben, die den Erdball in Stücke reißen usw., dass dem Deuker scheinbar die Spucke wegblieb und er bis Hagen überhaupt nicht zu Wort kam.

Erst als der Zug in den Bahnhof fuhr und er sich zum Aussteigen anschickte, sprach er das Schlusswort zu der einseitigen Unterhaltung: „Ech glauwe jo good un gern, dat bi ou Källe d'r Wend on d't Wasser us d'r ganze Welt zesamekömmt, awer dat eine loaßt ou jesät si: Se komme beire us Färnderwer Röhrn! Adee!”

aus: Siegerländer Episoden und Dorfgeschichten von Robert Flender
Weitere Anekdoten zu Ferndorf bei www.ferndorf.de in der Rubrik Historie.