25.07.2009

Leidenschaft für Landwirtschaft

Phil Menzel (16) beackert mit Unterstützung seines Bruders 3000 Quadratmeter Land. Der Ferndorfer Gymnasiast weiß seit dem zweiten Schuljahr, dass er einmal Landwirt werden möchte.

nja. Die Siegerländer Sonne strahlt vom Himmel herab, und es sind Schulferien. Das Ferndorfer Naturfreibad liegt nur etwas weiter als einen Steinwurf vom Eigenheim von Familie Menzel am Loher Weg entfernt - und übt auf den 16-jährigen Sohn Phil doch kaum Anziehungskraft aus. Gleiches gilt für den heimischen Pool. Phil Menzel hat die Arbeitshose angezogen und befindet sich in seinem persönlichen Paradies: Auf 3000 Quadratmetern erstreckt sich die heimische „Scholle", die der Jugendliche seit 2004 beackert. Im wahrsten Sinne des Wortes. Phil Menzel möchte einmal Landwirt werden - aber eigentlich ist er es schon längst.

Die Neugier der SZ auf dieses doch außergewöhnliche Hobby eines Teenagers ist geweckt, und Phil, der nach dem Sommer Jahrgangsstufe 11 des Stift-Keppel-Gymnasiums besuchen wird, ein gut vorbereiteter Gastgeber, dem die Freude am Aussäen, Pikieren, Züchten und Ernten ins Gesicht geschrieben steht. Akribisch hat er notiert, wie sich sein „Nutzgarten" unterteilt: Die elf Quadratmeter Gewächshaus beherbergen mannshohe Tomatensträucher (33 an der Zahl) sowie Paprika, Salat, Sellerie, Kräuter und viele andere Jungpflanzen.

40 Quadratmeter misst der Gemüsegarten - randvoll u. a. mit Schnibbel- und Buschbohnen, diversen Kohlvariationen, Zwiebeln, Mangold, Zucchini - und Salaten. „50 Köpfe sind derzeit reif, 66 haben wir schon geerntet, 206 hatte ich insgesamt gepflanzt", erklärt Phil. Auf 720 Quadratmetern züchtet der Teenager Kartoffeln, Mais sowie, man höre und staune, in zwölf Reihen Zuckerrüben. Darüber freuen sich im Winter heimische Jäger, die mit der Ernte Wildschweine zu füttern gedenken. Der 16-Jährige klärt auf, dass das Siegerland keine Zuckerrübengegend sei. Insbesondere des steinigen Bodens wegen. Den Samen habe er sich in Euskirchen besorgen müssen; mit dem Verkäufer steht Phil immer wieder in Telefonkontakt, wenn er Klärungsbedarf hat.

Was jetzt noch quadratmetermäßig an der beeindruckenden Zahl 3000 fehlt, ist Wiesenfläche. 2229 Quadratmeter mäht man auch mit 16 Jahren nicht mal „eben so". Einen Tag braucht es schon - trotz motorisierter Ausstattung. Das Heu findet ebenfalls regelmäßig Abnehmer. „Es ist schon kurios", wundert und freut sich Mutter Iris Menzel über das „Höbby" ihres Ältesten: „Seit Phil im zweiten Schuljahr war, steht für ihn fest, dass er einmal Landwirt werden will!" Der Entschluss steht nach wie vor felsenfest. Gab es ein Schlüsselerlebnis? Mutter und Sohn schauen sich fragend an und machen einen eher ratlosen Eindruck. Die Großmutter habe ihm im Urlaub auf Norderney mal einen Plastiktraktor geschenkt, erinnert sich Iris Menzel. Vielleicht war dies der Auslöser für eine langanhaltende Leidenschaft?

Wie dem auch sei: Zur Konfirmation 2007 jedenfalls wünschte sich Phil ein Gewächshaus und einen Rasen-Traktor. Beides wird seitdem nahezu täglich genutzt. Jüngste Anschaffung ist ein Pflug für den Acker. Das Projekt „Ferndorfer Landwirtschaft" hat derweil solche Ausmaße angenommen, dass Phils 13-jähriger Bruder Chris mit „eingestiegen" ist. „Geackert" wird eigentlich täglich und rund ums Jahr, denn frostresistentes Gemüse bereichert auch im Winter den Menzelschen Speiseplan und im Januar beginnt die Aussaatzeit für das Frühjahr. Mutter Iris ist gewissermaßen die Dritte im Bunde, denn für die Weiterverarbeitung zeichnet sie zuständig. Dass der Kompost hausgemacht ist, versteht sich von selbst.

Dass Landwirte kein Wochenende haben, haben Phil und Chris gemerkt und akzeptiert: „Sonntags rupfen wir regelmäßig Unkraut, damit der Boden luft- und nährstoffreich bleibt", erzählt der angehende Oberstufenschüler. „Das geschieht auf allen Vieren kriechend", amüsiert sich Mutter Iris. Akribie bestimme auch die Aussaat: „Jedes Samenkorn wird einzeln im Boden versteckt!" Abends liest sich der angehende Abiturient in die Fachliteratur ein, den Großteil seiner Sommerferien wird er mit Praktika in der Landwirtschaft verbringen in Oberndorf, Euskirchen und Niedersachsen. Dann wird Bruder Chris daheim die Stellung halten. Ein Kumpel aus Müsen ist auch immer zur Stelle, wenn „Not am Mann" ist.

Wie sieht es aber mit Urlaubsreisen aus? „Dann hilft ein netter Nachbar und auch die Verwandtschaft", sagt Iris Menzel. Das wird aber wohl nicht mehr nötig sein, denn: Von Praktika abgesehen, wird Phil eigenem Bekunden zufolge das Siegerland wohl erst wieder längerfristig verlassen, wenn er sein Abi „gebaut" hat und sich zum Landwirt ausbilden lässt. Diese Einschätzung gründet auf einem Erlebnis im Sommer 2008: Als Familie Menzel seinerzeit gut erholt von zwei Wochen Urlaub heimkehrte und Phil gewahr wurde, welche Entwicklungen er in den 14 Tagen auf seiner Scholle verpasst hatte, stand für ihn fest: „Das war das letzte Mal, dass ich mit Euch in Urlaub gefahren bin!"