18.03.2010

Bombenangriff auf Ferndorf: ein Zeitzeuge erinnert sich

Hermann K. rettete sich in den Kirchturm und überlebte

sz Ferndorf. ... Der Zeitzeuge Hermann K. erinnert sich an den Bombenangriff vom 18. März 1945, als wäre es gestern gewesen. Dabei erlebte der Mann den Angriff gerade einmal als viereinhalbjähriger Steppke mit. "Es war ein klarer Sonntagnachmittag, als die Sirene Fliegeralarm gab", so der Ferndorfer.

Nur unzureichenden Schutz boten damals die Keller der Häuser oder Splittergräben, in denen die Ferndorfer Bevölkerung an diesem Tag Schutz suchte. Während über 380 schwere Bomben in der Ferndorfer Gemarkung niedergingen und viele Häuser völlig zerstörten oder schwer beschädigten, traf auch eine Bombe den Splittergraben beim heutigen Gemeindehaus. "Er hat einen Volltreffer abgekriegt und alle, die da drin waren, waren tot. Da ist keiner lebend raus gekommen", berichtete der Zeitzeuge, der sich mit Schrecken an den Tag zurückerinnert. Sein Vater hatte dort noch vor der ersten Angriffswelle Schutz gesucht. Zwischen der ersten und zweiten Angriffswelle setzte er sich dann dem Risiko aus, den Graben zu verlassen. Ziel dabei war es, seine Familie aus dem Haus zu retten und mit ihnen in den sicheren Kirchturm zu gelangen.

"Die erste Welle war vorbei, und dann ist mein Vater aus dem Splittergraben raus. Man hat versucht, ihn zurückzuhalten und ihn aufs Äußerste gewarnt. Die haben die Befürchtung gehabt, er würde nicht Iebend zu Hause ankommen. Und dabei ist er derjenige gewesen, der da durchgekommen ist. Und die Leute, die im Graben waren, haben mit ihrem Leben zahlen müssen für das Unheil, das andere veranstaltet haben." Die Familie K. rettete sich in den Kirchturm, der mit seinen dicken Mauern dem Angriff standhielt. Es folgten weitere Angriffswellen, die sich dem Dorfkern näherten. Während die erste Welle noch weit genug von den Häusern des Dorfes entfernt einschlug, hatten die folgenden Angriffe eine verheerende Wirkung auf Ferndorf. "Und dann hat es hier bei der zweiten Welle im Dorf richtig gerauscht. Es hat viele Tote gegeben", so der Siegerländer. Insgesamt starben 36 Zivilisten und sieben Soldaten. Auf die Frage, ob deutsche Soldaten die feindlichen Flieger unter Beschuss genommen hätten, erinnert sich K. an eine Eigentümlichkeit, die ihm damals besonders aufgefallen war. "Das war ja das Kuriosum, dass die ohne große Gegenwehr hier rüberfliegen und bombardieren konnten."

Ein richtiges Ziel für einen Angriff haben viele Anwohner damals nicht gesehen. Trotzdem konnte sich keiner sicher fühlen, denn seit 1943 flogen alliierte Bomber von England aus Angriffe auf Siegen und andere Orte in der Region. Für die Motive des Bombardements auf Ferndnrf gibt es zwei Theorien. "Viele meinten, das eigentliche Ziel wäre der Kreuztaler Verschiebebahnhof gewesen", erklärte K. gegenüber der SZ-Schulredaktion. Eine andere Erklärung sei, dass die Alliierten die in Ferndorf installierte Funkstation lokalisiert hätten. Sie wollten diese ausschalten, da man glaubte, dass mit Hilfe der Station wichtige Informationen durchgegeben worden wären. Eine genaue Antwort auf diese Frage wird es wohl niemals geben, doch noch heute erinnern die Gräber der Gefallenen auf dem Ferndorfer Friedhof an den 18. März 1945. Ein Tag, der in der Dorfgeschichte einen traurigen Platz einnimmt.

Anm. d. Red.: Der Angriff galt dem Kreuztaler Rangierbaghnhof - siehe nebenstehende, bis 1981 geheim gehaltene, Dokumente über die Angriffe der neunten Bomberdivision am 18. März 1945.