19.01.2010

Erich Moning: „Ich bleibe hier"

Bombenelend um den Kreuztaler Bahnhof / Zerstörung und Wiederaufbau
Wie der spätere Oberkreisdirektor den Zweiten Weltkrieg erlebte.

uha • „Ich bleibe hier", dieser Satz hatte Gewicht und lief in aller Schnelle durch den Ort. Gesprochen wurde er von Dr. Erich Moning, damals, im Jahr 1945, Amtsbürgermeister im Amt Ferndorf mit Wohnung und Amtssitz im Kreuztaler Rathaus, damals genannt Amtshaus.

Vielleicht war es einer der gewichtigsten Sätze, die Erich Moning je von sich gab, als in den letzten Kriegsmonaten die hiesige Bevölkerung aufgefordert wurde, die Region zu verlassen, weil die so genannte „geheime Waffe" zum Einsatz kommen werde. Diese Meldung bezog sich auf die neu entwickelte Raketenwaffe V1/V2. Die Bevölkerung war total verunsichert und irritiert, die ersten Kleinbauern hatten sich mit hochbeladenen Pferde- und Kuhfuhrwerken schon bald in Richtung Wittgensteiner Land in Bewegung gesetzt. Erich Monings prägnanter Satz gab Orientierung: „Ich bleibe hier!" Mit ihrem Amtsdirektor blieben auch fast alle Kreuztaler Bürger zu Hause.

Erich Moning, gebürtig aus Schwerte, wechselte 1932 als Bürgermeister von Hilchenbach als Amtsbürgermeister zum Amt Ferndorf, wo er in den turbulenten Jahren der Nationalsozialisten die Kreuztaler Zügel fest in der Hand hielt. Als An­hänger der Bekennenden Kirche hatte er bereits früh gegen das Auftreten der SA aufbegehrt, musste aber 1937 - vermutlich gegen seinen Willen - als Amtsträger der Partei beitreten.

Mit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches Anfang 1945 verlor er sein Kreuz­taler Amt, wurde aber bereits ab Juni 1945 als bewährter und letztlich unverzichtba­rer Verwaltungsfachmann von der britischen Militärregierung zum Kreis Siegen berufen, zunächst als Kreisfinanzdirektor und ab 1947 bis 1963 als Oberkreisdirektor. Seinen aus gesundheitlichen Gründen frühen Ruhestand verlebte Erich Moning in Buschhütten. Alle, die ihn kannten, schätzten ihn als einen überall angesehenen Mann des Ausgleichs.

Dr. Monings Sohn Gerhard, heute als Weidenauer 74 Jahre alt, erinnert sich gerne an die frühen Kreuztaler Jahre. Die Familie hatte ihre Dienstwohnung im Amtshaus unmittelbar an der Bahnstrecke, als die alliierten Bomber am Nachmittag des 18. März 1945 dem Amtshaus einen Volltreffer bescherten. Im Keller, wo Monings Schutz gesucht hatten, aber auch sonst im Haus kam aber niemand zu Schaden. Da das Amtshaus nicht mehr bewohnbar war, wurden alle Angestellten der Amtsverwaltung nach Fellinghausen evakuiert, die Familie Moning in ein Privathaus, die Ämter in die dortige Turnhalle. Allein Monings konnten bald wieder in ihre alte Dienstwohnung zurückkehren, nachdem die Hauptschäden behoben waren.

Der Kreuztaler Gemeinderat mochte die Erinnerung an Dr. Monings erfolgreiches politisches Wirken im damaligen Amt Ferndorf wachhalten und benannte die ehemalige Bergstraße am Dörnberg nach ihm. So wie Monings Dienstwohnung ein Opfer der Kriegsbomben wurde, so schlug der Bombenterror auch in der nach ihm benannten Dr.-Erich-Moning-Straße zu. Das gesamte weiträumige Umfeld des Kreuztaler Bahnhofs war bei den intensiven alliierten Bombenangriffen vor allem im März 1945 hoch gefährdet. Während ein Hauptziel der südlich gelegene große Gü­terverschiebebahnhof war, einer der bedeutendsten in Westfalen, wurden viele Bombenteppiche vom Wind weitergetragen und gingen in großer Zahl gar auf der Ferndorfer Seite des benachbarten Leybergs nieder. So hat die Ferndorfer Ortsmitte unter den Bombenabwürfen am meisten gelitten, aber auch auf der Kreuztaler Seite fielen viele Gebäude in Schutt und Asche.

So wurde auch das Stammhaus der Familie Falkenhahn oberhalb des Hotel Keller erheblich beschädigt, ohne dass Menschen verletzt wurden. Es war in den 20er Jahren von Karl-August Falkenhahn nach Plänen des Ferndorfer Architekten Carl Meckel erbaut worden. Es war und ist ein leicht herrschaftlich anmutendes und mit Jugendstil-Elementen verziertes Haus. Karl-August Falkenhahn, kein Siegerlän­der, hatte 1919 ein Baugeschäft gegründet, das bald von Hilchenbach nach Kreuztal übersiedelte und bis heute eine aufstrebende Entwicklung aufweist. Heute wird die KAF Falkenhahn Bau AG in dritter Generation von Rolf Falkenhahn geleitet. DeT erfolgreiche Unternehmer beschäftigt im Gleis- und Ingenieurbau etwa 150 Personen, wobei Hauptgeschäftspartner die Deutsche Bahn AG ist.

Neben dem im Markt gut etablierten Unternehmen erstrahlt heute auch das Stammwohnhaus an der Dr.-Erich-Moning-Straße wieder in altem Glanz. Die Narben der unheilvollen Kriegsjahre sind sechs Jahrzehnte später verheilt, bleiben aber allen Betroffenen in schmerzvoller Erinnerung.