13.08.2010

Fabelwesen im Schönheitssalon

Ferndorf / Netphen ♦  Kegelverein bereitet über 20 Jahre alte Kostüme auf den NRW-Tag vor. Die kultige Ferndorfer Dilldappen-Schar soll im großen Festzug die Stadt Netphen repräsentieren.

js ♦ Ausgesprochen fröhliches Treiben herrscht dieser Tage im abgeschiedenen Obergeschoss eines verlassenen Bürogebäudes nahe der Ferndorfer Ortsmitte. Da, wo ansonsten gähnende Leere herrscht und sich Möbel, Fensterbänke und Fußboden unter einer Staubschicht verstecken, eröffnet der örtliche Kegelclub „Degge Duffel“ allabendlich einen Schönheitssalon der ganz besonderen Art. Hier lassen sich 16 in die Jahre gekommene Fabelwesen für ihren großen Aufritt am NRW-Tag in Siegen „aufbrezeln“.

23 Jahre sind bereits vergangen, seitdem die Ferndorfer Kegelfreunde erstmals Kleister anrührten. „Die Idee wurde im März 1987 geboren“, erinnert sich „Duffel“ Albrecht Rath. Damals entwarfen die geselligen Kegler einen Dilldappenkopf und holten sich bei Matthias Kringe, dem Schöpfer der Siegerländer Comicfiguren, die Erlaubnis zum Basteln. „Wir haben uns dazu verpflichtet, dass die Dilldappen auf Bühnen oder Festzügen zur Freude der Zuschauer auftreten.“ Sie dürften jedoch nicht durch abnormale Eigenschaften ins Lächerliche gezogen werden.

Um beim 100-Jährigen des TuS Ferndorf als Dilldappen-Schar auftreten zu können, machten sich die „Deggen Duffeln“ ans Werk. Ein kreativer Arbeitseinsatz mit Styropor, Gips und Abtönfarbe, mit Flokati-Teppichen, Zwirn, Sprühkleber, Overalls und Pyjamas in einem Gesamtwert von 460 DM schufen die Ferndorfer lebensgroße Figuren, die den Originalen sehr nah kamen. „Damals erschienen die Dilldappen-Kalender noch in Schwarzweiß“, erinnert sich Matthias Kringe. Daher habe er den „Duffeln“ genaue Angaben zur Farbgestaltung seiner knollnasigen Geschöpfe gegeben – auch wenn diese im heutigen Druck etwas orangefarbener herüberkommen als ihre Ferndorfer Artgenossen.

Und so hatten Riivekooche, Wissr Ohm, Glonk und Co. ihren ersten Auftritt im Ferndorfer Jubiläumsfestzug am 11. September 1988. „Es war unglaublich heiß an diesem Tag“, erinnert sich Albrecht Rath an den schweißtreibenden Marsch. 1992 liefen die verkleideten „Duffeln“ beim 925-Jährigen von Ferndorf. Gegen Spenden verleihen die Kegler seither ihre Kostüme, sodass diese inzwischen über 30 Mal zum Einsatz kamen – in diversen Siegerländer Festzügen, bei Vereinsfesten, in der Siegener City-Galerie und sogar bei einer Feier in Schweden.

Inzwischen sind die putzigen Pappmachéköpfe in die Jahre gekommen. Auch die Ferndorfer Dilldappen haben mit trockener Haut, Faltenwurf und Haarausfall zu kämpfen und müssen deshalb immer wieder zur kosmetischen Behandlung. Dass jetzt alle 16 Kostüme auf Vordermann gebracht werden, ist dem NRW-Tag zu verdanken, der vom 17. bis 19. September in Siegen gefeiert wird. „Die Dilldappen sollen im Festzug die Stadt Netphen repräsentieren“, erklärt Kringe, selbst wohnhaft in der Keilerkommune.

Die Ferndorfer „Schönheitschirurgen“ werden allerdings nicht selbst in die Kostüme schlüpfen. „Wir sind schließlich auch nicht mehr die Jüngsten“, schmunzelt Albrecht Rath, der die liebevoll gestalteten Masken lieber jüngeren Köpfen überlassen möchte. Für das Casting der Kostümträger zeichnet nun Elisabeth Kringe verantwortlich. Die Tochter des Cartoonisten, die wie ihr Bruder Michael inzwischen selbst im kreativen Familienunternehmen mitmischt, setzt darauf, einige ihrer Mitschüler für den Marsch im Festzug gewinnen zu können.

Die Kegelfreunde jedenfalls, die kürzlich das 40-jährige Bestehen ihres kleinen Clubs feierten (die SZ berichtete), haben auch unter Termindruck sichtbaren Spaß am Restaurieren ihrer Dilldappen. Und so dürfte noch so manches Mal fröhliches Gelächter durch die verlassenen Büroräume schallen.