26.11.2010

Kreuztaler Südumgehung: Planungen fußen auf "veralteten Daten"

Kreuztal. "Schweren methodischen Mangel" wirft Wulf Hahn den Planern der Kreuztaler Südumgehung vor. Der Marburger Verkehrsexperte fordert ein neues Verkehrsgutachten als Grundlage.

pe - Die Planungsunterlagen für die Kreuztaler Südumgehung, wie sie der Landesbetrieb Straßenbau NRW zurzeit offengelegt hat, hat nach Ansicht eines Fachgutachters "viele handfeste Fehler und Defizite". Das legte Wulf Hahn von der Marburger Fachagentur für Stadt- und Verkehrsplanung "Regio-Consult" am Mittwoch bei einem Vortrag vor etwa 50 Bürgern in der Weißen Villa dar.

Zahlen stammen von 2000
In seinem Referat, zu dem die Kreuztaler Grünen eingeladen hatten, stellte er die Ergebnisse seiner Beurteilung vor. Naturschutzverbände und Bürgerinitiativen hatten die Agentur mit dem Gutachten beauftragt. Als einen wichtigen Punkt bezeichnete Hahn, dass die Planungsunterlagen auf mittlerweile völlig veralteten Verkehrszahlen basieren. Die stammen aus dem Jahr 2000 - inzwischen habe es aber bereits zwei weitere offizielle Verkehrszählungen gegeben. "Dies ist als schwerer methodischer Mangel anzusehen".

Falsche Prognosen
Ebenso veraltet seien die Strukturdaten. So würden in der Argumentation für eine Südumgehung Bevölkerungszuwächse von 3,5 Prozent prognostiziert. Tatsächlich sei aber inzwischen im Planungsgebiet ein deutlicher Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen. "Die Prognosen sind nicht nachvollziehbar, weil die sachlichen Voraussetzungen nicht mehr zutreffen. Da besteht ein veritables Problem für den Vorhabensträger."

"Grober Fehler"
Ein grober Fehler sei es auch, dass der alternativ zur Südumgehung mögliche Umbau der Hauptkreuzung und des HTS-Anschlusses mit zwei zweistreifigen Verkehrskreiseln sowie eine Entlastung durch einen HTS-Anschluss in Eichen nicht weiter untersucht worden seien. Fazit des Gutachters: "Die Verkehrsuntersuchung muss neu erstellt werden."

Offene Fragen
Ein schwer wiegendes rechtliches Problem sei es zudem, dass die jetzt zugrunde gelegte Verkehrsuntersuchung nicht öffentlich ausgelegt wurde. "Die Betroffenen müssen in einem Planfeststellungsverfahren erkennen können, wie stark sie betroffen sind." So erfahre beispielsweise der Stadtteil Kredenbach durch eine Südumgehung zwischen Buschhütten und dem Anschluss am Ortsende Ferndorfs eine um 26 Prozent höhere Verkehrsbelastung. Auch Hilchenbach werde zusätzlich belastet. "Eine Verkehrsuntersuchung ist zwingend auslegungspflichtig." Auch sei wegen der "erheblichen Mehrbelastung" damit zu rechnen, dass in Kredenbach die "Lärmsanierungswerte" überschritten werden. "Das wurde von den Planern nicht in den Blick genommen und überarbeitet. "Planungsfehler machte der Gutachter bei der vorgeschriebenen Berechnung der Schadstoffausbreitung aus, denn dort habe sich mittlerweile die gesetzliche Grundlage geändert. Es gelten schärfere Bestimmungen im Immissionschutz. "Das hat man entweder nicht gemerkt, oder man hofft, irgendwie durchzukommen." Überdies sei für die Berechnung der Immissionen ein Merkblatt angewendet worden, das nur für einfache Fälle vorgesehen ist. "Das darf für eine solche schwierige topographische Lage mit engen Tälern gar nicht verwendet werden. Diese Untersuchung muss in jedem Fall neu erstellt werden."

Außerdem müsse, so sagt der Gutachter, auch geklärt werden, ob sich der Vorhabenträger Straßen NRW an das Linienbestimmungsverfahren gehalten habe. Denn erstens sei die nun maßgebliche Variante einfach umbenannt worden, während aber weiter mit der verträglicheren argumentiert werde. "Das ist selbst für einen Fachmann schwer zu durchdringen." Zweitens müsse wegen eines nun höheren Flächenverbrauchs der Variantenvergleich neu vorgenommen werden. Und schließlich bedeute dies auch, dass der Artenschutz im Planungsgebiet neu untersucht und beurteilt werden müsse. Insgesamt gibt es nach Meinung Wulf Hahns "viel zu viele offene Fragen, die der Vorhabenträger zu beantworten hat". Angesichts der seiner Ansicht nach erheblichen Defizite, mit denen die jetzigen Planungsunterlagen vor Gericht kaum eine Chance hätten, sei es gut möglich, dass schon bald ein Planänderungsverfahren eingeleitet werde. "Das haben wir in solchen Fällen oft erlebt." Die Kreuztaler Grünen sehen sich von den Ergebnissen des Gutachtens in ihrer Position bestätigt. Fraktionsmitglied Michael Poser: "Wir werden das nicht durchgehen lassen."