17.08.2010

Ortsumgehungskette: „Planerische Schimäre“

Kreuztal/Hilchenbach. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hält es für erforderlich, die Planung für die Südumgehung Kreuztal auf den Prüfstand zu stellen.

Den Anlass dafür sieht der Siegener Grünen-Politiker in der Absage Hessens und schließlich auch des Bundes an eine „Entwicklungsachse“ Kreuztal-Hattenbach: „Das müsste auch Folgen für die Planung der Ortsumgehung Kreuztal haben“ – zum Beispiel für die Dimensionierung der Anschlussstellen.

Zum anderen leitet Remmel den Beratungsbedarf aus dem Koalitionsvertrag her, den SPD und Grüne in Düsseldorf geschlossen haben. Daraus ergebe sich eine „Prioritätenkaskade“, die dem Erhalt von Straßen den Vorrang vor dem Neubau gebe. „Wir verlieren Jahr für Jahr an Substanz“, sagte der Minister im Gespräch mit unserer Zeitung, „ein Hausbesitzer denkt ja auch nicht an den Anbau, wenn es ins Dach regnet.“

Zweite Priorität sollten baureife Vorhaben haben, deren Verwirklichung keine umfangreichen Gerichtsverfahren entgegenstehen. Den dritten Rang nehmen Projekte ein, die umstritten sind: „Die B 62/A 4 light würde ich dazuzählen“, sagte Remmel. Für Vorhaben in dieser Kategorie bestehe die Verabredung, „auch noch einmal im Dialog mit den Beteiligten vor Ort nach Alternativen zu suchen“. Möglicherweise fänden sich „kleinere“ Maßnahmen, die „besser“ und „schneller“ zum Ziel führten. Tatsächlich hatte der Leiter der Siegener Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau, Ludger Siebert, bereits im Juni dem Kreisverkehrsausschuss signalisiert, dass zwischen Altenteich und Erndtebrück womöglich nur noch der dreispurige Ausbau der vorhandenen B 62 in Frage kommt. Gegen einen Planfeststellungsbeschluss für die Kreuztaler Südumgehung, der derzeit vorbereitet wird, hat eine Bürgerinitiative bereits Klage angekündigt.

Dass die Kreuztaler Südumgehung als Beginn einer Ortsumgehungskette bis Bad Laasphe („FELS“) vom Bund bereits in den „Investitionsrahmenplan 2006-2010“ aufgenommen wurde, hält Johannes Remmel nicht für entscheidend. Dieser Plan enthalte „sehr viele Maßnahmen, wo Finanzierungsberechnungen nicht mehr mit der Realität übereinstimmen“.

Aktuell wird in der Region über den nordrhein-westfälischen Rest der „Entwicklungsachse“ diskutiert, die über Erndtebrück in Richtung Frankenberg geführt worden wäre. Dass es sich dabei um ein Projekt der ersten rot-grünen Regierungen nach dem Ausstieg aus der A-4-Planung durchs Rothaargebirge handele, weist Remmel zurück, der in dieser Zeit parlamentarischer Geschäftsführer seiner Landtagsfraktion war. Die Koalition habe sich damals auf Ortsumgehungen für Kreuztal, Hilchenbach, Erndtebrück und Bad Laasphe verständigt, nicht aber auf die „Verbindungsstücke“. Ein durchgehendes Straßenband von Kreuztal über Erndtebrück hinaus („eine planerische Schimäre“) sehe auch der geltende Bundesverkehrswegeplan nicht vor.

Tatsächlich sind im Bedarfsplan zwei Abschnitte der B 508 mit insgesamt 8,1 Kilometern Länge in der höchsten Prioriät („vordringlicher Bedarf“) eingestuft. Gleichen Rang haben weitere 4,9 Kilometer zwischen Hilchenbach und Altenteich und 9,2 Kilometer in Erndtebrück und Schameder, jeweils aber mit „besonderem naturschutzfachlichen Planungsauftrag“. Zurzeit sind Gutachter mit Untersuchungen zum Vorkommen von geschützten Wildkatzen befasst. „Ich verstehe nach wie vor nicht, warum die letzten sechs bis sieben Jahre nicht genutzt worden sind, diesen Vorbehalt zu klären“, sagte Minister Remmel im Gespräch mit unserer Zeitung, „da ist viel Zeit ins Land gegangen, wo man sich die eine oder andere Diskussion hätte sparen können.“