20.03.2011

Böllerschüsse nach Ferndorfer Derby-Sieg

Es war mit Sicherheit kein gutes Derby. Aber der TuS Ferndorf hat es gewonnen. Beim VfL Eintracht Hagen setzte sich das Team von Trainer Caslav Dincic mit 29:26 (14:14) durch und behauptete damit nicht nur seine Tabellenführung, er schüttelte mit dem Leichlinger TV, der sein Spiel gegen Uerdingen mit 30:33 verlor, obendrein zunächst einen der Verfolger ab.

Es war spielerisch nicht gut, was die beiden Mannschaften vor 800 Besuchern - davon 300 Anhänger des TuS - in der frisch renovierten Hagener Ischelandhalle boten. Fehlversuche auf beiden Seiten, Ballverluste hüben wie drüben - das war kein Spitzen-Niveau der dritten Handball-Liga. Aber es war spannend, dramatisch, hart. Ein Derby eben. Die alten Rivalen packten zu. Bestes Beispiel: Das Trikot von Michael Lerscht hing acht Minuten vor Schluss in Fetzen vom Körper des früheren Eintracht-Spielers. "Ich wusste gar nicht, was los war, auf einmal schicken mich die Schiedsrichter auf die Bank", so der Ferndorfer Mittelmann. An der Seitenlinie wurde das Shirt kurz getaped - und weiter ging's. Schon zu diesem Zeitpunkt war eines klar: Wenn der TuS an diesem Abend als Sieger die Heimreise antritt, hat er dies zum größten Teil seinem Keeper Kai Rottschäfer zu verdanken. Schon in der 11. Minute für Max Hamers aufs Parkett geschickt, wuchs der Torhüter über sich hinaus. Ein gutes Dutzend Paraden gingen auf sein Konto, die Hagener verzweifelten zeitweise. Dass auf beide Keeper Verlass ist, demonstrierte Hamers drei Minuten vor dem Ende, als er beim Stand von 28:25 noch mal für einen Siebenmeter von Hagens Artur Giela aufs Parkett kam und den mal eben parierte.

Aber auch auf der Gegenseite stand mit Andreas Tesch ein toller Zerberus zwischen den Pfosten. Ähnlich wie bei den Ferndorfern holten auch die Eintrachtler ihren Start-Keeper Björn Minzlaff schnell vom Feld. Gute Schachzüge beider Trainer, die allerdings mit ihren Angreifern haderten, da die es mit oft schlecht getimten Schüssen den Torhütern ein ums andere Mal zu leicht machten, sich ins rechte Licht zu rücken. Bezeichnend dafür: Zwischen der 20. und 25. Minute schaffte es keine Seite einen Treffer zu erzielen. Zu diesem Zeitpunkt hatten aber die Ferndorfer aus einem Drei-Tore-Rückstand (7:10, 14. Minute bzw. 8:11, 16. Minute) eine 12:11-Führung gemacht. Drei Mal hielt Rottschäfer seine Farben im Spiel, postwendend fielen auf der anderen Seite die Tore - bis zum Ausgleich.

Bis zum 14:13 legte der TuS stets einen Treffer vor, Hagen glich jeweils aus - zum Pausenstand von 14:14
Nach der Pause hatten die Gastgeber zunächst den knappen Vorsprung auf ihrer Seite. 15:14, 16:15, 17:15 hieß es bis zur 40. Minute. Nach dem Ausgleich zum 17:17 legten erneut die Hagener vor. Bis zum 21:20 ging dieses Spielchen so (47.), dann wendete sich nach dem Ausgleich von Dennis Aust das Blatt. Caslav Dincic hatte Youngster Julian Schneider ins Rennen geschickt. Und der brachte endlich das ins Spiel, was in der voran gegangenen Zeit vermisst worden war. Zug zum Tor, das Eins gegen Eins suchen. Schon in seiner ersten Aktion handelte sich die VfL-Abwehr Zeitstrafe und Siebenmeter ein. Der Ausgleich war geschafft. Wenig später kommt Mirza Sijaric von Linksaußen zum Zug - die erste Ferndorfrer Führung in der zweiten Halbzeit war geschafft (49.).

Angetrieben von zwei weiteren Rettungs-Taten Rottschäfers setzt sich der TuS jetzt erstmals ab. 24:21 heißt es nach 50 Minuten, Schneiders 25:22 in der 52. Minute hätte schon so etwas wie eine Vorentscheidung sein können. Doch zu schnell sollten die Hagener nicht abgeschrieben werden. Zum 25:24 trifft Fabian Schulte - das Spiel ist sieben Minuten vor Schluss wieder offen. Wieder stürmt Julian Schneider mit dem Ball in die Deckung - Foul und Siebenmeter. Dennis Aust stellt nervenstark den Zwei-Tore-Vorsprung wieder her. Noch mal Mirza Sijaric von links - es heißt nach 55 Minuten 27:24 für den TuS. Diesen Vorsprung lassen sich die Ferndorfer nun nicht mehr nehmen. Den Schlusspunkt setzt Michael Lerscht mit dem 29. Treffer.

"Ohne Kai Rottschäfer und Julian Schneider hätten wir heute nicht gewonnen", bilanzierte Caslav Dincic nach dem Schlusspfiff treffend. "Beide Seiten haben nicht gut gespielt. Aber wir hatten am Ende die Nase vorn - und das zählt letztlich." Dass Alen Sijaric schon nach einer Viertelstunde mit einer Roten Karte das Spiel beenden musste, verstand eigentlich niemand so recht. Die Unparteiischen aus Krefeld und Oberhausen schickten den zuletzt vor allem in der Abwehr so starken Sijaric vom Feld - nach einem eher harmlosen Foul. Ein Vorwurf ist den Herren Kolski und Schroers nicht zu machen. Sie behielten ihre etwas kleinliche Linie 60 Minuten bei und benachteiligten niemanden. Die Zuschauer hätten natürlich gern ein qualitativ besseres Spiel gesehen.

Für den Ferndorfer Anhang war es ein gelungener Abend. Die sorgten zunächt durch einen "Konfetti-Regen" für eine Startverzögerung - auch TuS-Manager Harald Münker schwang den Besen, um die Papierschnipsel vom Parkett zu wischen - doch hatten sie auch das bessere Ende für sich. Und das wurde auf dem Parkplatz, wo immerhin vier Reisebusse auf die Rückfahrt warteten, mit lauten Böllerschüssen und Feuerwerk gefeiert.

VfL Eintracht Hagen - TuS Ferndorf 26:29 (14:14)

Hagen: Minzlaff, Tesch; Wilhelm (3), Pries, Lütgenau (6), Oberste, Kötter, Wulf (1), Giela (10/2), Cengiz (3), Schulte (1), Kraus (1), Gurol, Kreckler (1)
Ferndorf: Hamers, Rottschäfer; Alen Sijaric (2), Lerscht (5), Schneider (1), Aust (10/5), Dettling (1), Hilger (1), Klatt (2), Feldmann (1), Mirza Sijaric (5), Stelzenbach, Rommelfanger (1)
Schiedsrichter: Kolski/Schroers (Oberhausen/Krefeld)
Rote Karte: Alen Sijaric (16.) wegen Foulspiels
Zuschauer: 800