Ferndorf. Pfarrer Volker Bäumer füllt ökumenisches Modellprojekt mit Leben. Die Devise heißt: „Menschen gewinnen - Lebensräume gestalten ". Dabei werden auch kirchliche Orte außerhalb der Kirchengebäude einbezogen.
nja. Volker Bäumer beschreitet Neuland. Der Pfarrer der ev. Kirchengemeinde Ferndorf und dort zuständig für den Bezirk Kredenbach wird seinen Wirkungskreis deutlich erweitern: So wurde er von den Kreissynodalvorständen der Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein berufen, die Leitung des landeskirchlichen „Ökumenischen Modellprojekts" im Raum Siegen-Wittgenstein zu übernehmen. Inhaltlich geht es dabei um die Aspekte „Menschen gewinnen - Lebensräume gestalten: In der Welt zu Gast bei Freunden".
Das klingt sehr theoretisch, soll aber schon bald praktisch umgesetzt und für die Menschen spür- und erlebbar werden. Im Gespräch mit der Siegener Zeitung erläuterte Volker Bäumer, womit er seit 1. September und voraussichtlich bis zum Jahr 2014 die Hälfte seiner Arbeitszeit füllen wird. Zwei Schwerpunkte werden dabei gesetzt: So wird die Gestaltung von Lebensräumen vornehmlich in Wittgenstein vonstatten gehen: In der ländlichen, waldreichen Region soll der Kredenbacher mit Kooperationspartnern eigene kirchliche Angebote in der Natur verankern. „Es gibt viele kirchliche Orte außerhalb der Kirchengebäude", meint Bäumer und denkt dabei z. B. an die Etablierung von Pilgerwegen, aber auch von Waldkapellen - letzteres z. B. im Bereich Hohenroth. Ob und wenn j a wo dies möglich ist - das möchte er noch im Laufe des Jahres klären.
Nicht selten fragten Paare z. B. nach der Möglichkeit, in der Natur, im Wald getraut zu werden. Dies ist - bislang - nicht möglich. Der Wald hat sich als Ort der Naherholung etabliert; nun könnte er als „christlich-spiritueller Raum der Erholung für Körper und Seele neu entdeckt" werden. Zum Beispiel durch neue gottesdienstliche Formen, um den Lebensraum Wald als Teil der Schöpfung Gottes in den Blick zu bekommen. Ein Traum von Pfarrer Bäumer: Jugendliche aus der heimischen Region, aus den USA und aus Afrika am Rothaarsteig zusammenführen: Unterhalten die beiden Kirchenkreise doch schließlich Partnerschaften nach Tansania und zur UCC, zur United Church of Christ. Der Begriff „Ökumene" sei sehr weit gefasst; gedacht werde dabei nicht nur an ein Miteinander mit der kath. Kirche, sondern auch an die „innerprotestantische Ökumene".
Schwerpunkt zwei, verankert im Siegerland, erfordert u. a. gute Kontakte in die heimische Wirtschaft - lautet die Überschrift doch hierbei: „Menschen gewinnen: Gestaltung unternehmerischer Verantwortung bei uns und anderswo." Wie kann „Kirche" sich hierbei einbringen, und: Ist ein Mitwirken überhaupt erwünscht? Volker Bäumer plant „Gespräche auf Augenhöhe" mit den Verantwortlichen „heimischer global tätiger Betriebe", von einem Geben und Nehmen. Nicht zuletzt aufgrund seines Engagements im Förderverein des ev. Krankenhauses Kredenbach unterhält der Kredenbacher gute freundschaftliche Kontakte zur SMS.
Geplant sind Gesprächskreise zwischen kirchlichen Vertretern und Unternehmerinnen und Unternehmern - öffentlich, aber auch hinter verschlossenen Türen. So weiß Pfarrer Bäumer z. B. von familiären Problemen, die sich durch monatelange Montagezeiten von Arbeitnehmern ergeben. In der Ehe- und Familienberatung des Kirchenkreises komme dies nicht selten zur Sprache. Zum einen gelte es, die Daheimgebliebenen zu unterstützen, zum anderen die Mitarbeiter z. B. in Übersee auch in der Fremde nicht allein zu lassen. Die Kirche, so Pfarrer Bäumer, könne „Kompetenz und Kontakte" anbieten, um Angebote und Hilfen für „Monteure/ Fremde auf Zeit" zu entwickeln. Gleiches gelte aber auch für ausländische Arbeitnehmer, die lange Zeit im Siegerland weilten - und meist unter sich blieben. Diese Gedanken seien zwar einerseits vom Geist der Nächstenliebe geprägt, so Bäumer, „aber nicht nur": Zufriedene und motivierte Mitarbeiter seien schließlich auch ein wirtschaftlicher Faktor.
Der theoretische „Unterbau" gibt also die Richtung vor, welche Wege genau eingeschlagen werden, um „Menschen zu gewinnen" und „Lebensräume" mit christlichem Fundament zu gestalten - diese Entscheidungen stehen noch aus. Pfarrer Volker Bäumer: „Es liegt gewissermaßen ein unbeackertes Feld vor mir, für dessen Gestaltung ich viele Freiräume habe. Das ist schwierig und schön zugleich." Und so freut er sich auch über jedes konstruktive Gesprächsangebot, auf jede gute Idee!
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Halbe Pfarrstelle
Die Berufung von Volker Bäumer, das „Ökumenische Modellprojekt" zu leiten, resultiert u. a. aus dem Umstand, dass bis 2015 im Einzugsbereich der ev. Kirchengemeinden Kreuztal eine halbe Pfarrstelle entfallen muss. Bekanntlich erfolgt die Bemessung von Pfarrstellen anhand der Anzahl an Kirchenmitgliedern: Auf eine Pfarrstelle entfallen 2500 Mitglieder im Mittelwert. Nun haben die vier Kirchengemeinden der Region 7 a die halbe Stelle (Kredenbach) an den Kirchenkreis abgegeben, und Pfarrer Bäumer „investiert" diese Zeit in das Modellprojekt. Apropos „Finanzen": Für das komplette Modellprojekt sind 85 000 Euro veranschlagt, zum Teil finanziert über Drittmittel; gedacht wird dabei z. B. an das Regionalforstamt und heimische Firmen. Da es sich um ein landeskirchliches Modellprojekt handelt, wurde die Bereitstellung der erforderlichen Mittel von beiden Kirchenkreisen bei der Landeskirche beantragt.