24.10.2012

Achtbar verkauft gegen den deutschen Vizemeister

Foto2Bewies seine Torgefahr im ersten Durchgang: Flensburgs Linksaußen Anders Eggert Fotos: Klaus DerfurtDie Handballer des TuS Ferndorf haben sich in der dritten Runde des DHB-Pokals erwartungsgemäß aus dem Wettbewerb verabschiedet, zogen sich gegen Vizemeister SG Flensburg/Handewitt aber mit einem 31:42 achtbar aus der Affäre. Nach einer ausgeglichenen Startphase 5:6 (6.) hatten sich die Nordlichter schnell abgesetzt; den ersten Fehlwurf leistete sich die SG erst nach 14 Minuten.

Die Stimmung in der "Stählerwiese" hätte viel besser wohl kaum sein können. 1100 Zuschauer, ausverkauft: Und zum Einlaufen der Gastgeber ein rot-weißes Fahnenmeer, das auch bei Heimspielen in der Saison in dieser Form noch nicht gesehen wurde.

Auch die Anfangsphase trug zur Begeisterung bei: Denn in den ersten paar Minuten hielt der TuS nicht nur mit, sondern erzielte über Julian Schneider nach zwei Minuten und zehn Sekunden sogar die 3:2-Führung. Zugegeben: Es sollte die letzte des gesamten Spiels gewesen sein - aber erwartbar wäre etwas anderes wohl auch nicht gewesen. Denn Flensburg begann so, wie sie auch in der Bundesliga beginnen könnten: Mit Rasmussen im Tor, von links nach rechts Eggert, Machulla, Atlason, Weinhold, Svan Hansen und am Kreis Heinl.

"Flensburg hat sowieso keine B-Mannschaft, das sind alles Top-Spieler. Wir haben uns gut verkauft", bilanzierte entpsprechend Ferndorfs Trainer Caslav Dincic, der indes kein Freund der Schiedsrichter wurde. "Die sind doch Foto4Gewohnt energiegeladen: TuS-Trainer Caslav Dincicsowieso besser als wir", pflaumte Dincic etwa die Unparteiischen nach fünf Minuten an, als diese eine Aktion gegen Breuer nicht geahndet hatten. Bis zum Pausenpfiff hatte die SG sich standesgemäß auf 15:25 abgesetzt, es drohte deutlich zu werden. Insbesondere, weil sich die Flensburger von Beginn an kompromisslos zeigten und bewiesen, dass sie ihren Gegner ernst nahmen. "Ich habe für das Spiel heute vier, fünf Stunden Videoanalyse betrieben, um Ferndorf kennen zu lernen, eine Stunde haben wir mit der Mannschaft Video geguckt", berichtete SG-Trainer Ljubomir Vranjes. Auch im Abschluss zeigte die SG sich hochkonzentriert, torpedierte den Ball auch unter Bedrängung regelmäßig eindrucksvoll in den Winkel.

Die Ferndorfer hatten nur wenige übernervöse Szenen; eine leistete sich Dennis Aust im Gegenstoß, als er zu zögerlich selbst den Platz suchte und auf Carsten Lange ablegte, der die Kugel links neben das Tor setzte. Insgesamt aber schien es, als würde Flensburg das Potential aus der Mannschaft herauszukitzeln, das die Zuschauer an der "Stählerwiese" bisher immer nur erahnen konnten. So zeigte Heider Thomas mit starken Würfen aus dem Rückraum seine Klasse, Dennis Aust bewies seine alte Treffsicherheit von Außen und von der Siebenmetermarke. Und insgesamt lief der Ball wesentlich flüssiger als in so manchem der bisherigen Heimspiele - es war Pfeffer in den Ferndorfer Angriffen. Insbesondere das Tempospiel der Ferndorfer war deutlich verbessert, was sich nach dem Seitenwechsel bezahlt machte.

mirzaComeback nach Verletzung: Mirza SijaricDenn die Siegerländer, die von Anpfiff an eine tolle Kulisse im Rücken wussten, kämpften und hielten die zweite Hälfte für sich genommen offen. Die Flensburger brachten bis auf Lars Kaufmann, der hinter der Bank Platz genommen hatte, alles mit Rang und Namen auf das Feld. Die Konsequenz: Ferndorf spielte an der "Stählerwiese" gegen die internationale Erfahrung von insgesamt 978 (!) Länderspielen. Umso beeindruckender war es, dass der TuS in der zweiten Hälfte lange führte - rechnet man die zweiten 30 Minuten für sich. Früher als angekündigt feierte Mirza SIjaric in der 46. Minute sein Comeback und sorgte direkt in seinem zweiten Angriff mit einem Tor dafür, dass die Zuschauer noch ein wenig lauter wurden. Auch die Torhüter steigerten sich deutlich, sowohl Kai Rottschäfer als auch Max Hamers zeichneten sich mit Paraden gegen die SG-Angreifer aus. Insgesamt erhielt jeder Ferndorfer Akteur seine Spielzeit gegen den Vizemeister seine Spielzeit. Dass es gegen die SG zu 30 "Buden" reichen sollte, hätte vorher wohl auch keiner für möglich gehalten.

Nach 56 Minuten war es Carsten Lange, der mit einem frechen Kopfleger beim Gegenstoß die "Biermarke" übertraf. "Wir haben viel schneller gespielt als sonst, das war eine gute Trainingseinheit", grinste dieser nach dem Spiel zufrieden, Den fälligen Kasten Flens für das 40. Tor der Gäste übernahm SG-Youngster Malte Voigt per Siebenmeter. In der letzten Minute stand die gesamte "Stählerwiese" für die starke Leistung ihrer Ferndorfer von den Sitzplätzen auf, nach Schlusspfiff gab es ausdauernde "Ferndorf"-Sprechchöre. Fazit: Die Mission, besser als gegen den Bergischen HC zu spielen und seinen Zuschauern ein Handballfest zu bieten, hat der TuS Ferndorf vollauf erfüllt. Bleibt zu hoffen, dass die Erkenntnis des eigenen Potentials nun mit ins Auswärtsspiel zum SV Henstedt-Ulzburg genommen werden kann.

Statistik
TuS:
Rottschäfer, Hamers - Aust (10/4), Lange, Thomas (je 6), Barkow (4), Hilger, Johnen, L. Schneider, J. Schneider, M. Sijaric (je 1), Bettig, Breuer.
SG: Rasmussen, Andersson (7m) - Machulla (10), Glandorf (7), Eggert, Svan Hansen (je 5), Atlason, Voigt (je 4), Heinl, Weinhold (je 2), Dibbert, Karlsson, Mogensen (je 1), Knudsen. 

Anm. d. Red.: Hier noch ein Schmankerl der SG Flensburg Handewitt