05.05.2012

Das Wunder im Ammerland / Es folgen Ferndorfer Feiertage nach historischem Ereignis

Der Rest war Jubel im platten Oldenburger Land. Die einen, das mögen die Älteren im Ferndorfer Anhang gewesen sein, hatten Tränen in den Augen, die anderen ließen die Korken knallen. Der TuS Ferndorf hat Handball-Geschichte geschrieben.

Und mittendrin Harald Münker. "Dafür haben wir 13 Jahre gearbeitet", musste er seine Emotionen an diesem Abend nicht zügeln. Der scheidende Manager, um den es zuletzt so ruhig geworden war, hatte sich das rote Meister-T-Shirt übergestreift, das wohlweislich im Reisegepäck war.grupp

Nach der Drittliga-Meisterschaft im vorigen Jahr den Titel verteidigt, den Weg innerbetrieblich geebnet, um den Aufstiegsverzicht Mannschaft, Trainer und Fans nicht ein zweites Mal zuzumuten.

Nachdem schon in den letzten Sekunden der Zitterpartie die roten Papierschnipsel, die die Fans aus lauter Überschwang aufs Spielfeld befördert hatten, für eine "Fege-Unterbrechung" sorgten, war das Parkett im Freudenjubel der "Roten" nach der kaum wahrnehmbaren Schlusssirene größtenteils in rot "gekleidet".

Später gesellten sich diverse Getränkereste dazu, Sektfontänen sprudelten aus geschüttelten Flaschen, Sponsoren-Bräu schäumte. Und das zum großen Teil über das schwarze Haar des Trainers. Caslav Dincic nahms meisterlich gelassen: "Ich erlebe das so zum ersten Mal", meinte er, unter der Bierdusche tropfend und triefend. fansiDie große Ferndorfer Fan-Kolonie musste in Edewecht lange zittern.Umso größer war am Ende die Erleichterung.

"Ich glaube, ich habe noch nie so viele Fehler in einem Spiel gesehen wie heute. Doch das ist jetzt einfach ganz egal, ich verzeihe das der Mannschaft, die im letzten halben Jahr den Grundstein für diesen Erfolg gelegt hat." Caslav Dincic als lockerer Plauderer nach an die Nerven gehenden 60 Minuten.

"Ich bin froh, dass wir es heute geschafft haben, denn wer weiß, wie die Nerven mitgespielt hätten, wenn wir bis zum letzten Spieltag hätten warten müssen. Dann wäre der Druck gegen Leichlingen noch größer geworden." Harald Münker pflichtete seinem Trainer bei, dass es in diesem Spiel so viele Fehler gegeben habe wie in der ganzen Saison nicht. Auch die Ferndorfer Handballer scheinen also Nerven zu haben, was man in vielen engen Situationen - so auch in den letzten Minuten den Edewecht-Spiels - nicht vermuten sollte.arme

Dennis Aust, dem die Nerven offenbar am meisten von allen Akteuren "geflattert" hatten, denn der ansonsten so treffsichere Rechtsaußen "versiebte" einen Ball nach dem anderen, haute seinen zweiten Siebenmeter sogar über das Tor. Doch auch das war am Ende abgehakt. Wie er, der das Spiel eigentlich gar nicht kommentieren mochte, stellten sich auch die Punktgaranten Kai Rottschäfer und Tim Hilger nicht in den Vordergrund. "Heute reißt der mal ein Spiel aus dem Feuer, morgen ist es ein anderer", meinte Hilger. "Jetzt heißt es feiern..."

Bis die Mannschaft unter die Dusche kam, war mehr als eine Stunde seit Spielende vergangen. Bis es endlich in den Bus ging, war noch mal eine Stunde rum. Man kann sich leicht ausrechnen, wann der Ferndorfer Handball-Tross mit seiner Meister-Fracht am heimischen Backes ankam. Wie vor einem Jahr, als die Fahrt aus Leichlingen, wo der erste Titel eingefahren wurde, relativ kurz war, harrten auch am frühen Sonntagmorgen die Fans auf der Bundesstraße aus. Jetzt mussten sie weitaus mehr "Sitzfleisch" einplanen.

"Da ist was vorbereitet", deutete Harald Münker an, dass ein ähnlicher "Bahnhof" auf die Mannschaft warten würde. Mit gesperrter Straße, wo ganz spontan ein Fest gefeiert wurde. "Egal, wie lange es dauert", so auch Mirza Sijaric, "jetzt geht es ab. Von mir aus drei Tage lang..." Nun, darauf wird man sich wohl einzustellen haben. Es sind Ferndorfer Festtage, zu feiern gibt es ein historisches Ereignis. Denn einen Handball-Zweitligisten gab es im Siegerländer Norden noch nicht.