26.09.2013

Diakonie: Langfristige Perspektive für kleines Krankenhaus

Kredenbach. Für den Fototermin bittet Hubert Becher auf die Intensivstation. Nirgendwo sonst kann der Geschäftsführer des Diakonie-Klinikums sichtbarer machen, dass Kredenbach immer noch ein „richtiges“ Krankenhaus hat. „Uns fehlt nichts“, betont Becher, der an diesem Vormittag die neue Spitze des Hauses vorstellt: Seit Mitte August ist Privatdozent Dr. Helmut Jablonowski Chefarzt der Inneren Medizin in Kredenbach, bereits Anfang vorigen Jahres kam Dr. Guido Orth als Chef der neuen Geriatrie. „Für uns ist es eine Frage der Ehre, dass wir das Haus voranbringen“, sagt Dr. Orth.

Um die 100 Betten hat das Haus nach der Schließung der Chirurgie noch, die Erweiterung der altersmedizinischen Abteilung ist beantragt. Die Geriatrie ist voll ausgelastet, die „Innere“ zu 80 Prozent. „Das war vor gut drei Wochen noch nicht so“, sagt Dr. Jablonowski, „die Bevölkerung schenkt uns ihr Vertrauen.“ Dass Menschen sich in diesem Maße für „ihr“ Krankenhaus engagierten, habe er „selten erlebt“, sagt der zuletzt in Salzgitter tätige Chefarzt mit Hochschul-Lehrberechtigung und umfassender Forschungspraxis. Als „sehr wohltuend“ bezeichnet er die überschaubaren Dimensionen und das Arbeitsklima seines neuen Hauses: „Hier wird Medizin von Mensch zu Mensch gemacht.“

Von einem „Grund zur Freude“ und von „Zuversicht“ spricht Geschäftsführer Becher — nicht nur er und nicht nur einmal an diesem Tag. „Wir wollen alle drei Standorte zukunftsfähig machen“, sagt Becher über die Perspektive für das Jung-Stilling-, das Bethesda-Krankenhaus und die Kredenbacher Bernhard-Weiss-Klinik, die zusammen 14 Fachabteilungen und 700 Patientenbetten aufbieten.

Neues Zentrum für Innere Medizin
„Wir können wohnortnahe Versorgung langfristig gewährleisten“, sagt Prof. Dr. Joachim Labenz, der nicht nur Chef der Inneren Medizin am Standort Siegen ist, sondern seit März auch das neu geschaffene Amt eines Medizinischen Direktors innehat. Er leitet das Zentrum für Innere Medizin, in dem die vier „konservativen“, also nicht operierenden Fachabteilungen zusammengefasst sind — seinen Kollegen von der chirurgischen Fakultät will die Diakonie in wenigen Wochen ebenfalls vorstellen. Alle Ärzte stellen ihre Spezialgebiete allen Standorten zur Verfügung: Kardiologen, Onkologen, Diabetologen zum Beispiel, ebenso Gastroenterologen und Infektiologen wie Dr. Jablonowski, der seinen Oberarzt Thies Marquardt aus Salzgitter mitgebracht hat. „Die Kompetenz kommt zum Patienten“, beschreibt Dr. Labenz die Arbeit der mobilen Kompetenzteams, die auch aus der Ferne auf Röntgenbilder und Labordaten zugreifen können.

Zur Person
Dr. Helmut Jablonowski (60) stammt aus Niedersachsen, studierte in Aachen und war dort auch Assistenz- und Oberarzt. In Düsseldorf arbeitete er an der Universitätsklinik; dort wurde er auch habilitiert. Von 1999 bis 2012 war Dr. Jablonowski Chefarzt in Salzgitter. Dort schied er aus, als die Stadt ihr Krankenhaus an einen privaten Betreiber verkaufte.

Die Vernetzung gilt auch für die Weiterbildung der Mediziner — ein wichtiges Kriterium für die Nachwuchsgewinnung. Denn, so Dr. Labenz, „wir haben Ärztemangel“, zumindest außerhalb der großen Städte. Zusammenarbeit könnte sogar über die Diakonie-Grenzen hinaus möglich sein. Die Unterstützung durch die Kredenbacher Geriatrie, die einzige übrigens im 30-Kilometer-Umkreis, so Dr. Labenz, sei „auch ein Angebot von uns an andere Kliniken in der Region“ Ein Angebot, sagt Chefarzt Dr. Guido Orth, das nicht nur die akute Versorgung, sondern auch Rehabilitation mit Unterstützung von Physiotherapeuten, Logopäden und Psychologen einschließt. „Das wird älteren Menschen häufig vorenthalten.“ Und dann gesteht auch Dr Orth, wie ihn die Frage nervt, ob Kredenbach denn ein „richtiges“ Krankenhaus sei. „Ich wünsche mir, dass diese Frage nicht mehr gestellt wird.“