13.02.2013

Einweisung in die Psychiatrie

Siegen. Wenn es nach Gutachter Dr. Michael Mattes geht, führt für den Kreuztaler Kurt S. kein Weg an der Psychiatrie vorbei. Der 74-Jährige, der im Sommer 2012 nach eigenem Bekunden seine Frau mit einem Kissen erstickt hat, leidet nach Ansicht des Nervenarztes an einer organischen Persönlichkeitsveränderung und ist auch nach wie vor für seine Umwelt gefährlich.

Vor allem sieht der Gutachter den ältesten Sohn gefährdet, den der Beschuldigte am Tattag mit einem Hammer angriff. Kurt S. war im September an zwei Tagen in der JVA Attendorn untersucht worden. Laut Gutachten leide er an einer hirnorganischen Störung, die wahrscheinlich durch eine Operation im Juni 2012, beziehungsweise die damit verbundene Narkose ausgelöst wurde. Es habe schon vorher Veränderungen im Gehirn gegeben, die aber nicht zu spürbaren Auswirkungen hätten führen müssen. Die nach dem Eingriff von der Familie – und auch dem Beschuldigten selbst – registrierten Veränderungen seines Verhaltens seien aber sehr auffällig gewesen, so der Gutachter. Danach seien eine erhöhte Aggression und die verstärkt aufgetretene Unfähigkeit, Dinge richtig einzuordnen und logische Schlüsse aus Vorgängen zu ziehen, spürbar geworden.

Der Kreuztaler habe begonnen, ein Komplott gegen sich und sein Vermögen zu vermuten, habe die Idee entwickelt, sein Sohn wolle ihm ans Geld und ihn entmündigen lassen. Auch in der Haft habe er Verschwörungstheorien ausgebrütet und sei von einer gegen ihn gerichteten Kampagne der Ärzte, Justizangestellten und Staatsanwälte überzeugt gewesen. Auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Wolfgang Münker musste Kurt S. einräumen, nach seiner vorläufigen Verlegung in die Psychiatrie sogar seinen Anwalt und seine Tochter verdächtigt zu haben, gegen ihn zu intrigieren.

Von einer vorübergehenden Störung, wie sie oft nach tiefen Narkosen aufträten, könne bei S. keine Rede sein, stellte der Gutachter fest. Das Problem halte auch heute noch an. Er könne nicht sagen, ob der Beschuldigte durch eine medikamentöse Behandlung so einzustellen sei, dass zumindest eine Beruhigung eintrete.

Negative Prognose
Das fortgeschrittene Alter des Mannes mache auf Grund der gleichzeitigen natürlichen Abbauvorgänge im Körper erst einmal nur eine negative Prognose möglich. Zudem habe es bislang praktisch keine Behandlung gegeben. Selbst wenn es Hoffnung auf eine Besserung gäbe, müsse der Übergang in eine ambulante Lösung sehr behutsam erfolgen.

Im Moment der Tat habe sich der Beschuldigte selbst in einer Ausnahmesituation wahrgenommen. „Mein Verstand war im A...“, habe er ihm gesagt, berichtete der Gutachter weiter. Das Unrechtsbewusstsein sei also nicht ausgeschaltet gewesen, wohl aber die Möglichkeit zu einer emotionalen Steuerung der Situation. Dr. Mattes geht zudem davon aus, dass S. auch seinen Sohn umbringen wollte. Der zweite Schritt sei nicht vollendet, formulierte er in seinem Gutachten, wollte das Wort Tötung allerdings auch nach mehrfachem Nachfragen des Verteidigers Andreas Trode nicht in den Mund nehmen. Dessen Mandant hatte mehrfach betont, er habe seinen Sohn nicht umbringen, diesem vielmehr nur Angst machen wollen. Das Gericht gab in diesem Zusammenhang den Hinweis, es könne auch eine Bedrohung statt versuchtem Totschlag in Betracht kommen.

Nächste Woche Dienstag, 19. Februar, soll plädiert werden, sofern die Verteidiger über das Wochenende nicht noch den einen oder anderen Überraschungsantrag ersinnen.