29.10.2013

Heimatverein Ferndorf besichtigte ThyssenKrupp-Werk Ferndorf

Dorfchroniken 4 und 5 in Arbeit

Seit einigen Jahren besucht der Ferndorfer „Arbeitskreis Ortsgeschichte“ Ferndorfer Unternehmen mit dem Ziel die Geschichte aller örtlichen Industrie- und Gewerbebetriebe, Geschäfte, Dienstleister, etc. kennenzulernen und zu dokumentieren. Frühere und aktuelle Betriebe und Geschäfte (die Liste hat weit über 200 Einträge) sollen in der Ferndorfer Chronik Band 5 veröffentlicht werden, pünktlich zur 950-Jahrfeier im Jahr 2017. Zuvor erscheint, voraussichtlich Mitte/Ende 2014, noch die 4. Chronik mit 20 Kapiteln zu Ferndorfer Vereinen und Ortsthemen. Der ursprünglich geplante Fertigstellungstermin des 4. Buches zum diesjährigen Ferndorfer Weihnachtsmarkt am 1. Advent kann leider nicht realisiert werden. Infos zum Inhalt sind hier zu finden.

High-Tech in Ferndorf
Die jüngste Exkursion führte nun zum Ferndorfer Werk der Thyssen Krupp Stahl AG. Unter fachkundiger Führung der ehemaligen TKS-Mitarbeiter Dr. Lutz Furken und Klaus Dicke erhielten 22 Ferndorfer/innen einen spannenden Einblick in den großen, ortsbildprägenden Industriekomplex mit seinen beeindruckenden High-Tech-Anlagen.

Oberflächenveredlung „am laufenden Band“
In den Ferndorfer Aherwiesen werden schon seit 50 Jahren Bleche aller Art auf großen Bandanlagen verzinkt. Die 1885 gegründete Siegener AG Geisweid (SAG) hatte 1964 eine damals hochmoderne Bandverzinkungsanlage in Betrieb genommen, es war die zweite Anlage dieser Art in Deutschland überhaupt. Die Anwendungsgebiete für veredelte Stahlbleche entwickelten sich enorm und der Absatz im In- und Ausland zeigte ungeahnte Steigerungen. 1969 folgte eine Anlage zur organischen Beschichtung von Feinblech. Nachdem 1976 eine zweite Bandverzinkungsanlage in Betrieb gegangen war, wurde die erste Anlage einige Jahre später stillgelegt.

Ab 1980 wechselten die Eigentümer und Firmennamen mehrfach:
1980-1984 Hoesch Siegerlandwerke AG,
1984-1992 Hoesch Stahl AG,
1992-1997 Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp,
seit 1997 ThyssenKrupp Stahl AG bzw. ThyssenKrupp Steel Europe AG.

Die letzte große Investition an der Bandverzinkungsanlage erfolgte 2001 durch den Bau einer Beize zur Entzunderung (Beseitigung von Verunreinigungen aus Eisenoxid). Heutzutage gibt es rd. 120 Bandverzinkungsanlagen in Europa, im TKS-Konzern in Deutschland acht ‑ zwei davon sind die Siegerländer Werke in Eichen und Ferndorf.

Jahreskapazität umspannt die Welt
An der Bandverzinkungsanlage, die im Kontibetrieb rund um die Uhr läuft, werden Bänder von 0,35 bis 4,0 mm Dicke in Breiten bis 1500 mm und mit einer Geschwindigkeit von 170 m / min feuerverzinkt. Die Jahreskapazität liegt bei 550.000 t, was einem erdumfassenden Band entspricht. Die Anlage zur organischen Beschichtung versieht Bänder, z.B. verzinkte Feinbleche, Edelstahl und Aluminium, mit organischen Lacken und Folien. Bei einer Geschwindigkeit von 90 m / min werden rd. 145.000 t im Jahr verarbeitet. Die Dicke der Bänder beträgt 0,15 bis 2,0 mm, die Breite bis zu 1410 mm.

Das ThyssenKrupp Werk Ferndorf erhält den Großteil des Vormaterials aus den konzerneigenen Walzwerken in Duisburg, Bochum und Dortmund per Bahn über einen eigenen Gleisanschluss. Mit 95 % ist der Anteil des Güterverkehrs per Schiene beträchtlich.

Siegerländer Blech in jedem europäischem Auto

Die Anwendungszwecke der oberflächenveredelten TKS-Bleche reichen von der Bau- und Automobilindustrie bis zur Herstellung von Elektrogeräten. Aber auch Garagentore, Mülleimer, Pfannen und vieles mehr wird aus TKS-Blech gefertigt. Etwa 60 % der Produktion geht in die Automobilindustrie. Ein besonderes Qualitätsprodukt „Made in Ferndorf“ ist PLADUR, ein speziell beschichtetes Blech mit optimalem Korrosionsschutz. Dieses Segment deckt etwa 1/6 der Jahresproduktion.

In Ferndorf beschäftigt TKS heute rd. 320 Personen, davon 270 im Betrieb. Das sind fast ebenso viele wie bereits 1981, damals waren es rd. 300 Beschäftigte. Somit bleibt zu hoffen, dass die Werke in Ferndorf und Eichen, die seit kurzem von Dortmund aus geleitet werden, sowohl die anhaltende Wirtschaftskrise als auch die internen Probleme des Weltkonzerns ThyssenKrupp gut überstehen.