23.10.2013

Renaissance traf Moderne: pro musica sacra bot Kontraste

Freudenberg/Ferndorf. Das heimische Blechbläserensemble pro musica sacra gab Konzerte in Ferndorf und Freudenberg. Innovationen in der Musik des 16. und 20. Jahrhunderts prägten das Programm.

bst - Sowohl im 16. wie auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts fanden Innovationen statt, die in der Geschichte der Musik und insbesondere auch der Bläsermusik deutliche Spuren hinterlassen haben; diese zeichnete das Blechbläserensemble pro musica sacra (pms) am Wochenende bei seinen Konzerten in den evangelischen Kirchen in Freudenberg und Ferndorf nach. Ungefähr vor 450 Jahren etablierte sich die Instrumentalmusik als eigenständiger Zweig der Kunstmusik, maßgeblich gefördert von den in Venedig wirkenden Brüdern Gabrieli. Und erstmals gab mit Giovanni Gabrieli ein Komponist dynamische Anweisungen vor; seine bekannte doppelchörige Sonata "pian e forte" intonierte pms als Beispiel für diese Innovation. Mit der Regentschaft von Elizabeth I. blühte auch in England die Instrumentalmusik auf; die "Consort"-Kammermusik wurde populär, für die pms Anthony Holbornes Suite "The Fairie Round" als Beispiel präsentierte - die rhythmisch zum Teil recht vertrackten Sätze bot pms präzis und dabei "leicht" wirkend. Mit dem altenglischen "Fairie", heute: fairy (Fee, Elfe), kamen Engel-Wesen ins musikalische Spiel, die im Konzertprogramm vorbereiteten auf den Sprung ins 20. Jahrhundert.

Ensemble agierte hochkonzentriert und mit großer Überzeugungskraft
Die romantische Musik des späten 19. Jahrhunderts hatte ihren Zenit überschritten und harrte einer Weiterentwicklung, für die pms nun ein Beispiel aus der Feder des großen 1928 geborenen finnischen Komponisten Einojuhani Rautavaara bot: "Playground For Angels" für Blechbläserensemble (1981). Drei Gruppen von Engeln agieren gegen- und miteinander: Die vier Trompeten durcheilen schnelle Läufe von Dreiklangsbrechungen teilweise mit Dämpfern, die vier Posaunen üben sich in Arpeggios mit vielen Glissandi, und das Duo Horn/Tuba liefert ausschweifende Melodiebögen zumeist im Septimabstand. Dank der hilfreichen vorbereitenden Erläuterung durch den das Programm moderierenden Ensembleleiter Ekkehard Pankratz konnten sich die Zuhörer auf diesen gänzlich ungewohnten Höreindruck einlassen und diese Musik zum Teil auch genießen; gefördert wurde das durch die Darbietung dieser ungewohnten Kammermusik durch ein hochkonzentriert und mit großer Überzeugungskraft agierendes Ensemble.

Kontraste zwischen alter und neuer Bläsermusik
Der zweite Konzertteil bot weitere Beispiele für Kontraste zwischen alter und neuer Bläsermusik: Es erklangen eine Trompeten-"Fanfare For An Angel" von James M. Stephensen (Hommage an die im Hilfseinsatz für Haiti bekannt gewordene Trompeterin Joanne Pocius) sowie "himmlische" Posaunenquartette von Johann Christoph Pezel aus seinen Turmsonaten für die Leipziger Stadtpfeifer im 17. Jahrhundert. Eine dreisätzige "Morgenmusik" von Paul Hindemith (aus dem Jahr 1932, kurz vor der Verbannung seiner Musik als "entartet") kontrastierte Auszüge aus der "Music For His Majesty?s Sackbuts and Cornetts", einer aus Tanzsätzen bestehenden Suite des englischen Hofkomponisten Matthew Locke im post-elizabethanischen England des 17. Jahrhunderts.

Eindrucksvolles und lehrreiches Konzert
Den Konzertabschluss bot quasi eine Hommage an Philip Jones, der seit 1951 die auch von pms gewählte Blechbläser-Zehnerbesetzungsvariante weltweit populär gemacht und für sie zahlreiche Kompositionen evoziert hat; der Bassposaunist des originalen "Philip Jones Brass Ensemble", Raymond Premru, hat 1976 ein neunsätziges "Divertimento For Brass" vorgelegt, aus dem pms drei Sätze darbot - wiederum mit großer Spielfreude exzellent intoniert und mitreißend beim abschließenden "Blues March". Für den lang anhaltenden Applaus für dieses eindrucksvolle und lehrreiche Konzert bedankte sich pms mit dem Choral "In allen meinen Taten" von Johann Sebastian Bach.