25.01.2013

Vor Gericht: Rentner erwürgte seine Frau und ging auf Stiefsohn los

Siegen. Ein Rentner erwürgte seine Frau und ging mit dem Hammer auf seinen Stiefsohn los. Das Landgericht muss nun über die Schuldfähigkeit des 74-Jährigen befinden.

Es ist der 28. Juli 2012, ein Samstagmorgen. Während viele Siegerländer noch schlafen oder sich auf das gemütliche Frühstück freuen, kommt es in einem Haus in Ferndorf zu einer Auseinandersetzung mit tragischen Folgen. Kurz darauf wird die Polizei zu einer „Familienstreitigkeit“ gerufen. Während der Fahrt erfahren sie von Gewalttätigkeiten. Auf der Straße steht schließlich ein älterer Mann und ruft: „Ich war es, ihr könnt mich mitnehmen.“ Er habe seine Frau erwürgt, fügt der inzwischen 74-jährige Kurt S. noch an.

Seit gestern muss sich das Schwurgericht mit der Frage beschäftigen, ob der Rentner wegen der Tat und anhaltender Gefährlichkeit in einer psychiatrischen Einrichtung eingeschlossen werden muss. Er ist bereits vorläufig aus der JVA Attendorn in die Eickelborner Psychiatrie verlegt worden.

Paranoide Zwangsvorstellungen
Die Kammer unter Vorsitz von Richter Wolfgang Münker geht von einer Schuldunfähigkeit des Mannes aus, der an einer organischen Störung leiden soll. Er habe in den Wochen vor der Tat eine paranoide Zwangsvorstellung entwickelt, unter Verfolgungswahn gelitten und geglaubt, er solle entmündigt werden. Im Gerichtssaal macht er – vorerst – keine Aussage.

Am Tattag hat er mehreren Beamten eröffnet, seine Frau getötet zu haben. Es sei schon länger zu Streitigkeiten über den Stiefsohn gekommen, der ihm ans Geld wolle und für den seine Frau immer wieder Partei ergriffen hätte. Nach einer gemeinsamen Feier am Vorabend im Partykeller habe es morgens wieder eine Auseinandersetzung gegeben. Sie habe ihn im Gesicht gekratzt, er sie daraufhin erwürgt.

Die Polizisten finden die Leiche der 73-Jährigen im Ehebett. Halb auf ihrem Gesicht liegt ein Kissen, ein Zipfel steckt tief in Mund und Rachen. Der Stiefsohn hat die Einsatzkräfte alarmiert. Er ist von Kurt S. am Morgen angerufen und zu einem dringenden Gespräch gebeten worden. Der Stiefvater, erfahren die Beamten, führte ihn ins Schlafzimmer und zeigte ihm die tote Mutter. Seine Saat sei aufgegangen, habe er ihm vorgeworfen und sei dann mit einem Hammer auf ihn losgegangen. Die Männer kämpfen, fallen auf das Ehebett, der Stiefsohn kann unverletzt flüchten.

Vor Gericht wirkt der Beschuldigte ruhig
Am ersten Verhandlungstag werden nur Polizeibeamte vernommen, die das Verhalten des Rentners am Tattag übereinstimmend als ruhig, kooperativ und gelassen schildern. „Zu ruhig“, wundert sich ein Polizist, „für jemanden, der gerade so etwas getan hat. Da stellt man sich doch etwas anderes vor.“ Offenbar hatte es schon eine Zeit lang Spannungen in der Familie gegeben, die sich nach einer Operation des Angeschuldigten mit tiefer Narkose ungefähr sechs Wochen vor dem Geschehen aber stark verschlimmert hätten. Seither sei das Verhalten des Ferndorfers völlig verändert gewesen. Er wirkt im Gericht sehr ruhig, wird allerdings im Laufe des Tages lebendiger, nickt bei einigen Schilderungen der Polizisten.

Grundsätzlich geht es nur um die Unterbringung. Gleich zu Beginn weist Richter Münker allerdings darauf hin, dass sich nach dem Gutachten des Sachverständigen durchaus eine – wenn auch stark eingeschränkte – Schuldfähigkeit ergeben könne. Dann gehe es doch um einen strafrechtlichen Sachverhalt, die Kammer wolle in diesem Fall entsprechend fortsetzen. Die Anwälte sollten dann nicht einwenden können, nicht vorbereitet worden zu sein. Die Verhandlung geht am 30. Januar weiter.