07.07.2014

Ausstellung: Der Erste Weltkrieg in den Gemeinden

Siegen. Ein bisschen Wehmut ist dabei, als 1917 die Glocken in Ferndorf abgeholt werden. Mit Bimmeln ist es vorbei, sie werden eingeschmolzen und zu Kanonen gegossen. Die Kinder im Ort nehmen Abschied von den Bronze-Ungetümen.

Die Glockenepisode ist bei Weitem nicht das einzige Zeugnis der Folgen, die der Erste Weltkrieg, die Ur-Katastrophe des 20. Jahrhunderts, auf die Menschen auch in der Heimat hatte. Die Ausstellung „’Unser Volk betet wieder, ... wenigstens am Anfang des Krieges’ – Die Kirchenkreise Siegen und Wittgenstein im Ersten Weltkrieg“ in der Uni-Bibliothek wirft ein bezeichnendes Licht auf das Schlachten und dessen Auswirkungen auf die heimischen Gemeinden. Exponate und erklärende Erzählstücke erläutern zum Beispiel, dass in den Gemeinden in Sachen Kriegsausbruch durchaus eigene Akzente gesetzt wurden. Obwohl Weisungen direkt aus Münster oder Berlin kamen – als preußischer König war Kaiser Wilhelm II. auch Herr der preußischen Landeskirche. Hieß es von oben, Gott stelle durch den Krieg „die zunehmend verloren gegangene Einheit des deutschen Volkes“ wieder her, gab es von der Basis andere Töne: Der Krieg sei ein „Weltgericht Gottes gegen die fortschrittsgläubige Kulturseligkeit der Menschheit“.
Pfarrer mit schlechten Nachrichten

Die Ausstellung geht über Theologisches hinaus und lenkt den Blick auch auf das Alltagsgeschehen. Als absehbar wurde, dass der Krieg nicht schnell enden würde, appellierten die Gemeinden an junge Christen: Zur Konfimation bitte im üblichen Sonntagsstaat erscheinen. Unter dem Eindruck des täglichen Mangels sei es nicht zu rechtfertigen, im neuen Zwirn in die Kirche zu kommen. In den Archiven der Siegerländer und Wittgensteiner Kirchengemeinden fanden sich zudem Sterbeurkunden. Es war Aufgabe des Pfarrers, die Nachricht vom Tod des Vaters, Ehemanns, Sohnes oder Bruders zu überbringen. Die Geistlichen sollten zudem ab 1915 für Kriegsanleihen werben – von der Kanzel aus. Die Anleihen – insgesamt gab es neun im Kriegsverlauf – waren wichtig für die Finanzierung des Schlachtens. Es wurde im Wesentlichen auf Pump getötet. Es konnte aber nicht erzwungen werden, die Anleihen zu zeichnen.

Im Fokus steht auch die Rolle der Frauenhilfevereine. Sie bildeten, so heißt es in einem Ausstellungstext, eine wichtige Klammer zwischen den Soldaten an der Front und zu Hause. Sie sammelten Dinge wie Kleider und Geld – und schickten Päckchen in die Schützengräben.