09.03.2014

Bettigs Ausgleich nach der Schlusssirene

Kreuztal. Wenn der gegnerische Trainer nicht zur Pressekonferenz ins Foyer der Sporthalle Stählerwiese erscheint, muss etwas Gravierendes vorgefallen sein. In der Tat war das 32:32 (15:16) zwischen TuS Ferndorf und Wilhelmshavener HV eines der dramatischsten Drittliga- Handball-Spiele aller Zeiten.

22 Sekunden vor Schluss führten die Nordlichter in einer rasanten Partie vor 1100 Zuschauer mit 32:30. Was sollte da noch passieren? Doch 22 Sekunden können im Handball verdammt lang sein. Alexander Koke trifft, nur noch 32:31 für den Gast. Doch der hat jetzt den Ball. Aber nach nur fünf Sekunden pfeifen die umstrittenen Schiedsrichter Linker/Schmidt (Herne/Bochum) Zeitspiel, die Ferndorfer haben wieder den Ball. Es folgte ein Foul von Lukas Kalafut an Koke und Rudelbildung. Kalafut sah die Rote Karte. Schlusssirene und Freiwurf für Ferndorf. Nach tumultartigen Szenen tritt Patrick Bettig, der noch kein Tor geworfen hatte, an. Und das Wunder geschieht. Rechts an der nur dreiköpfigen Mauer vorbei trifft der Youngster zum Ausgleich. Unbeschreiblicher Jubel bei den Ferndorfern, Tristesse bei den Wilhelmshavenern, die es nicht glauben konnten. Nicht nur Worte wurden gewechselt, auch einige Handgemenge wurden gesichtet.

Wilhelmshavens Trainer Christian Köhrmann stinksauer: „Es ist immer schlecht, wenn sich die Schiedsrichter in den Mittelpunkt stellen. Das Zeitspiel nach dem Ferndorfer Anschlusstor wurde viel zu früh gegeben, unglaublich. Meine Mannschaft hat eine tolle Leistung gezeigt und den Sieg verdient gehabt.“ Zur Pressekonferenz ging der Übungseiter dann nicht. WHV-Torwart Christoph Dannigkeit, mit neun Paraden bester Keeper des Abends: „Drei Mann in der Mauer sind einfach zu wenig.“

Des Rätsels Lösung
Des Rätsels Lösung, warum nur drei WHV-Feldspieler vor Bettig stehen durften. Trainer Köhrmann hatte die Rote Karte wegen einer Beleidigung gesehen, dafür musste ein Spieler draußen bleiben. Die zweite Hinausstellung für Rotsünder Kalafut und die dritte für Evgeny Vorontsov, der wegen eines Wechselfehlers auch zwei Minuten kassierte. Denn die Mannschaft, die den Freiwurf ausführt, darf wechseln, das Team, das verteidigt, aber nicht mehr. So hatte Bettig noch Raum für einen Wurf in die lange, untere Ecke. „Ich habe das noch nie geübt. Es waren aber zum Glück nur noch drei Leute in der Mauer, alle anderen waren runter gestellt. Es war aber klar, dass ich nur nach unten rechts werfen kann“, schilderte Bettig seine Aktion.

Eine Aktion, die die Ferndorfer weiter auf den direkten Wiederaufstieg hoffen lässt. Denn durch das späte Remis können sie aus eigener Kraft noch die Meisterschaft ins Nordsiegerland holen. Zwei Zähler liegen die Schützlinge von Trainer Erik Wudtke hinter Spitzenreiter Bayer Dormagen, der von Sieg zu Sieg eilt. Aber die Kampfansage von Wudtke kam bei der Pressekonferenz, die er ohne seinen Kollegen aus Wilhelmshaven abhielt: „Gegen Dormagen wird die Hütte noch mehr brennen als diesmal. Wer dieses Spiel gewinnt, steigt in die zweite Liga auf.“ Dann liegen die Ferndorfer vorne, weil sie den direkten Vergleich für sich entschieden haben. Zum Saisonauftakt hatte der TuS in Dormagen mit 40:31 triumphiert. Das heißt: Gewinnen die Ferndorfer alle ausstehenden Spiele, sind sie Meister. Doch das wird alles andere als einfach. Zu viele Fehler hatten sie beim höchst glücklichen Unentschieden gegen Wilhelmshaven begangen. Da redete Wudtke nicht um den heißen Brei herum: „Wir haben zu viele Bälle verschenkt und zu viele einfache Gegenstoßtore bekommen.“ Beispiel gefällig: Bis zur 22. Minute verloren die Ferndorfer neunmal den Ball im Angriff. Das ist eindeutig zu viel.