14.11.2014

Gericht: Die schwierige Faktenfindung im großen Marihuana-Prozess

Siegen/Ferndorf. Es war keine alltägliche Sache, als im Februar in Kreuztal 2,7 Tonnen Marihuana von der Polizei sichergestellt wurden. Der Strafprozess gestaltet sich weniger aufregend. Gestern trafen sich die Beteiligten zum achten Mal im Saal 165 des Landgerichts. Unter anderem ging es um zähflüssige Anhaftungen an Verpackungsmaterial, durchaus ein Symbol für die schwierige Faktenfindung in diesem Verfahren.

Polizist im Zeugenstand
Nach einem LKA-Gutachten gibt es Übereinstimmungen bei der „schmierigen Masse“, mit der die Drogen auf dem italienischen Laster verpackt waren, mit weiteren Proben, die aus den Taschen genommen wurden, die in der Lagerhalle gefunden wurden und in denen auch Drogen lagen. Und auch Verpackungsmaterial aus der Lennestädter Wohnung des Angeklagten Florent C. wies diese Übereinstimmungen auf. Allerdings alles in unterschiedlicher Ausprägung. Die Kammer wird sich ihre Gedanken machen müssen.

Nachdem vor zwei Wochen einige weitere in das Verfahren verwickelte Männer die Aussage verweigert hatten, holte sich der Vorsitzende Richter Wolfgang Münker die Informationen über einen Polizeibeamten. Der hatte den Geschäftsführer des Berliner Unternehmens vernommen, in dessen Namen die Lagerhalle in Kreuztal angemietet wurde. Der Mann habe damals im Gegensatz zu heute sehr bereitwillig ausgesagt, teilte der Zeuge mit. Danach hatte er erklärt, der Angeklagte Tim B. sei ihm von einem Dritten empfohlen worden, als er einen Investor für ein größeres Geschäft mit Möbeln suchte. Daraus sei dann nichts geworden. Tim B. habe ihm aber vorgeschlagen, mit Euro-Paletten Geld verdienen zu können, die in jener Lagerhalle hätten produziert werden sollen.

Der in U-Haft sitzende Verdächtige sei einmal in Siegen gewesen, um den Mietvertrag bei B. abzuliefern. Dann habe er noch einmal versucht, „seine“ Halle auch zu besichtigen, was ihm aber vom Angeklagten verweigert worden sei. Von den Drogen habe der Mann nichts wissen wollen, berichtete der Polizist. Später sei ihm von mehreren Albanern gedroht worden, falls herauskomme, dass er die Sache an die Polizei verraten hätte. Der Geschäftsführer, der unter einem falschen Namen auftrat, habe Angst um sein Leben und das seiner in Berlin lebenden Tochter gehabt. In den Vernehmungen war immer von „einem Albaner aus England“ die Rede, den B. „aber bei einer Lichtbildvorlage identifiziert hat“, berichtete der Beamte.

Verwirrung um Verteidigeraussage
Richter Münker berichtete von einem Telefonat mit dem dritten Verteidiger des Tim B., Dr. Klaus W. Kirchner aus Düsseldorf. Der erst verspätet ins Verfahren eingestiegene Anwalt habe sich nach etwaigen informellen Gesprächen zwischen den Beteiligten erkundigt und ansonsten eine Höchststrafe für seinen Mandanten von maximal vier Jahren wegen Beihilfe angedacht. Dr. Kirchner habe auch den § 31 BTMG ins Gespräch gebracht, der eine Strafmilderung bei einem umfangreichen Geständnis vorsieht, erklärte Münker mit hörbarem Erstaunen.

Er habe den Anwalt daran erinnert, dass eine solche Regelung nur bei einer Aussage zu Beginn der Verhandlung in Betracht komme und jetzt nicht mehr möglich sei. Sie gehe nicht von einer Einlassung des B. aus, kommentierte Anwältin Astrid Christiaans aus Siegen diesen Vorgang, die offenbar nichts von diesem Vorstoß ihres Kollegen wusste. Der dritte Verteidiger des „Albaners aus England“, Andreas Trode überlegte, „ob wir die italienischen Lkw-Fahrer nicht doch noch brauchen?“ Die Fahrer, auf deren Lastwagen die Drogen gelegen hatten, waren im Februar zunächst festgenommen, später wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Für den 21. November sind ansonsten noch drei weitere Polizisten geladen.