12.12.2014

Streifzug durch acht Jahrhunderte

Historiker berichtete über Kölner Einflüsse auf Grafschaft Nassau

sz Kreuztal. Bis auf den letzten Platz gefüllt war das Kaminzimmer der Kreuztaler Bibliothek in der Gelben Villa in Dreslers Park: Rund 50 heimatgeschichtlich Interessierte lauschten den spannenden und informativen Ausführungen des Siegener Historikers Dr. Andreas Bingener zu den Kölner Einflüssen auf die Grafschaft Nassau im Mittelalter, die auch neue Forschungsergebnisse enthielten.

Abb. rechts: Kindelsberg in den 1970-er Jahren (Postkarte aus der Sammlung Dieter Wörster)

Der Vortrag war Teil einer Veranstaltungsreihe, die die Kreuztaler Industriegeschichte im Rahmen des Regionaleprojektes „Eisenstraße Südwestfalen" beleuchtet. Unterstützt wird die Vortrags- und Veranstaltungsreihe, welche maßgeblich durch Katrin Stein (Projektleiterin Eisenstraße und Heimatforscherin in Ferndorf) initiiert und organisiert wurde, durch die Stadt Kreuztal, wie Michael Häusig von der Stabstelle Wirtschaftsförderung und Tourismus den Teilnehmern zu Beginn der Veranstaltung erläuterte. Die „Eisenstraße Südwestfalen" ist eine touristisch vermarktete Erlebnisroute vom nördlichen Kreis Altenkirchen bis nach Ennepetal/Iserlohn mit Informationen zu Orten mit industrieller Bedeutung, zu herausragenden Persönlichkeiten der Industriegeschichte, zu Sagen und Anekdoten.

In einem Streifzug vom 11. bis ins 18. Jahrhundert stellte Dr. Bingener die Verbindungen und Verflechtungen zwischen dem Kurkölnischem Raum und der Grafschaft Nassau vor. Immer wieder kam es wegen diverser geopolitischer Ansprüche zu kleineren und größeren Auseinandersetzungen zwischen dem Erzbistum Köln und den nassauischen Grafen. Die Auswirkungen der damaligen Konflikte könne man heute noch anhand der örtlichen Gebiets-, Religions- und Sprachgrenzen spüren. Bingener ging auch auf die Überreste einer vermutlich hochmittelalterlichen Burg auf dem Kindelsberg und ihre Nähe zur Bergbausiedlung Altenberg ein. Demnach war der 618 Meter hohe Kindelsberg schon immer ein Symbol der Heimat und seit dem 19. Jahrhundert ein beliebtes Ausflugsziel der heimischen Bevölkerung, weil dort u. a. viele Sängerund Turnfeste stattfanden. Auch werde der Kindelsberg immer wieder in Verbindung mit mancherlei Sagenerzählungen gebracht. Dies sei insbesondere auf die Mauerreste der Wallanlage zurückzuführen, die man irrtümlich in die Keltenzeit datiert habe. Es handele sich jedoch um Überreste einer vermutlich hochmittelalterlichen Burg aus dem 12./13. Jahrhundert. Vieles deute auf eine unvollendet gebliebene oder eine später geräumte Burg der Kölner Erzbischöfe hin, wie sich anhand der archäologischen Untersuchungen in den Jahren 1989 und zuletzt 2013 vermuten lasse. Fehlende Funde ließen eine genaue Datierung jedoch nicht zu. Von dieser Burg aus sei vermutlich die erzreiche Region um Kindelsberg und Martinshardt mit ihrem prosperierenden Montangewerbe kontrolliert worden. In der Nähe habe sich auch die Bergbausiedlung Altenberg befunden, die wegen ihrer reichen Blei-Silbererz-Funde sehr wahrscheirılich ebenfalls unter kölnischer Kontrolle stand. Wegen der Köln zustehenden Regalrechte (Rechte auf Burgen- und Bergbau u. a.) erscheine eine Herrschaft über diese Montanregion seitens der nassauischen Grafen eher unwahrscheinlich. In diesem Machtkonflikt dürften deshalb nicht nur territorialpolitische, sondern auch wirtschaftliche Gründe eine Rolle gespielt haben.

Bingeners Vortrag war die letzte von zwölf Veranstaltungen, die sich in diesem Jahr mit der Kreuztaler Industriegeschichte beschäftigt haben. Bis zum 9. Januar läuft noch eine die Veranstaltungsreihe begleitende Ausstellung des Stadtarchivs im Kulturbahnhof Kreuztal zum Thema „Hohlwege und Grenzbefestigungen an der einstigen Siegener Landhecke". 2015 soll diese Reihe fortgeführt werden, heißt es in einer Mitteilung aus dem Rathaus. In Planung ist auch ein Industriekultıuportrait der Stadt Kreuztal.