29.12.2015

Orgel soll nicht verstummen

Ferndorf . Die evangelische Kirchengemeinde Ferndorf braucht dringend viel Geld: Die Orgel in der Laurentiuskirche ist defekt. Angestrebt wird ein technischer Neubau mit klanglicher Rekonstruktion und Restaurierung. Ein erster Kostenansatz liegt bei 200 000 Euro, die durch Spenden erbracht werden müssen.
      
Umbau von Romantik zu Barock      
„Im Zuge des großen Kirchenumbaus 1928/29 erhielt unsere Kirche nicht nur ihr heutiges Erscheinungsbild und elektrisches Licht, sondern auch eine neue, elektrisch betriebene Orgel“, berichtet Pastor Peter Renschler. Seitdem müssen die Konfirmanden nicht mehr die Bälge zur Windversorgung der Orgel treten. Beim Einweihungsgottesdienst kam es zu einem Stromausfall, die Gemeinde musste im Dunkeln und ohne Orgel singen. Aktuell besteht nun die Gefahr, dass ein technischer Defekt die Orgel in der Laurentius-Kirche ganz verstummen lässt.

Mehr noch: Die marode Elektrik birgt Risiken, die sogar zu einem Brand führen könnten. Rolf Bernshausen, stellvertretender Vorsitzender des Stiftungsrats der „Stiftung Historische Laurentius-Kirche Ferndorf“ sagt, dass unmittelbarer Handlungsbedarf besteht. Alternative zu der umfangreichen Restaurierung ist nur noch die Stilllegung.

Das 1929 eingeweihte Instrument war deutlich größer als die alte Orgel. Lediglich die Posaunenengel der alten Orgel wurden auf der neuen Orgel wieder aufgestellt. Bis auf wenige Veränderungen blieb die Orgel bis 1975 im Dienst; selbst den Krieg hatte sie bis auf einige Durchschüsse gut überstanden. 1975 wurde die Orgel mit einer Spende von Konrad Kaletsch neu gebaut. Dem Zeitgeschmack folgend entschied die Gemeinde sich gegen die romantische und für eine neobarocke Orgel.

Schimmel und Bleizucker
Die Orgel nimmt heute eine Grundfläche von 25 Quadratmetern ein und besteht aus 1500 Pfeifen der unterschiedlichen Größen von fünf Metern bis zehn Millimetern. Allerdings können nur noch 1312 gespielt werden, was den Klang deutlich beeinträchtigt. Die ersten Störungen ließen nicht lange auf sich warten. In den 1990er Jahren bestand erneut Handlungsbedarf. Die Gemeinde ließ eine umfassende Renovierung vornehmen. Dennoch wird die Orgel von Konzertorganisten als technisch sowie klanglich fragwürdig eingestuft und gemieden.

In den letzten zehn Jahren traten vermehrt Störungen auf. Sachverständige fanden heraus, dass 180 Elektromagnete an den Grenzen der Belastbarkeit arbeiten und zum Teil durchgebrannt sind. Bürstenkontakte sind verbogen und teilweise schon abgebrochen. Relais und Platinen aus den 1970er Jahren sind teilweise defekt. Manche Pfeifen stehen locker, verformen sich und drohen abzuknicken. Einige Metallpfeifen sind vom Bleizucker angefressen und manche Holzpfeifen von Schimmel befallen.

Auf eigene Gefahr
Die elektrische Anlage der Orgel ist marode, sie erfüllt nicht die heutigen Sicherheits- und Brandbestimmungen und darf nur auf eigene Gefahr betrieben werden. Sollte durch die Orgel ein Brand ausgelöst werden, besteht kein Versicherungsschutz.

Ziel der erneuten Restaurierung ist die Wiederherstellung der ­spätromantischen Orgel. Dazu müssen die denkmalwerten Pfeifen der 1920er Jahre – auf einer neuen technischen Anlage – wieder in ihre historische Anordnung gebracht werden. „Auf diese Weise erhält man ein konzertfähiges, spätromantisches Instrument, was über unsere Region hinaus wohl einzigartig ist“, heißt es in der Darstellung der Stiftung.

Die Ferndorfer Kirche wird 1339 erstmals erwähnt, der Name des heiligen Laurentius 1345. Die mittelalterliche „alte Kirche“ dürfte – so die Schätzung in der Darstellung der Gemeinde – 750 Jahre alt sein, der Turm noch älter; die „neue Kirche“ mit dem Altarraum kam 1887 hinzu. Gebaut wurde sie im Stil einer Westfälischen Hallenkirche. 

Ferndorf selbst begeht 2017 den 950. Jahrestag seiner ersten Erwähnung im Jahr 1067.

Jürgen Schade