15.03.2016

Bender Ferndorf: Ausverkauf eines Traditionsbetriebs

Elektromotoren en gros: Über 600 verschiedene Posten enthält der Auktionskatalog, den die Firma Industrierat aus Stuttgart aus dem vorhandenen Inventar von Bender in Ferndorf zusammengestellt hat.

Ferndorf. Ein Posten Anschlagmittel, ein Doppelschleifbock oder ein Posten Arbeitsleuchten, aber auch Krantraversen und Rohrhebe-Drehvorrichtungen – 600 verschiedene Geräte und Maschinen standen am Montag zur Besichtigung für Unternehmer und Gewerbetreibende am Mühlenweg bei der früheren Bender-Rohr GmbH in Ferndorf bereit, wo sich seit mehr als einem Jahr kein Rad mehr dreht. Ein Betrieb wird ausverkauft.

Kleinkram vom Rasenmäher bis zur 28 Tonnen schweren Krupp-Diesellokomotive von 1958: Ein Jahr nach Stilllegung des Werks, die mit der Freistellung von 72 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im April einherging, folgt nun die Versteigerung des kompletten Maschinenparks. Die professionellen Versteigerer der Firma Industrierat aus Stuttgart wickeln die verbliebenen Reste der einst florierenden Fabrik ab. Gebote werden via Internet angenommen. Im alten Empfangsgebäude liegt noch der Werbeprospekt aus, in dem Spezialaufträge aus den guten Jahren vorgezeigt werden: Rohre für den Bau der neuen Kanzler-U-Bahn in Berlin, für eine Geothermal-Leitung in Island, für den JadeWeser-Port in Wilhelmshaven. Prestigeprojekte, die mit Know-how aus Ferndorf verwirklicht wurden. Spiralnahtschweißgenähte Stahlrohre, worauf Bender besonders stolz war, verließen auf Zügen und Lastwagen das Siegerland und wurden in aller Welt verbaut.

Gespenstische Ruhe
Seit Ende 2014 bewegt sich kein Kran, rollt kein Waggon über den firmeneigenen Gleisanschluss, fährt kein Lkw auf das Gelände. Gespenstisch ruhig liegen die acht Werkshallen mitsamt des großzügig konzipierten Verwaltungstrakts in der Frühlingssonne. Nur einige wenige Männer mit Helm, Warnweste und festen Sicherheitsschuhen bewegen sich zwischen den Werkstätten, die 2017 ihr 100-Jähriges begangen hätten. Doch seit Rechtsanwalt Andreas Bentlen aus Hennef im Januar 2015 den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat, ist alle Hoffnung auf eine Reaktivierung des Betriebs geschwunden. Dabei gab es ernsthafte Interessenten für eine Übernahme. Die angestrebte Sanierung gelang trotz aller Bemühungen nicht. Daher beauftragte der Insolvenzverwalter den Stuttgarter Spezialisten Industrierat damit, das Inventar von Bender-Rohr zu versteigern.

600 Positionen im Netz
Seit zwei Wochen sind die 600 Positionen im Netz sichtbar. Laut Industrierat-Sprecher Gerrit Belkner sind für viele Maschinen und Aggregate bereits Gebote eingegangen. Der Besichtigungstermin am Montag diente dazu, den potenziellen Käufern eine Möglichkeit zu geben, sich ein Bild davon zu machen, in welchem Zustand sich die Geräte befinden. Wer einen gebrauchten Dampfstrahler haben will, „kauft ihn oder nicht“, sagt einer der Herren im grünen Overall, die für die Beratung der Kunden abgeordnet sind. Der Großteil des Publikums hat sich vorab online informiert und erspart sich den Weg ins Ferndorftal. Einige wenige heimische Interessenten kommen vorgefahren, werfen einen Blick auf die Ansammlung von Alu-Leitern oder Elektromotoren, die in einer Halle bereitstehen All dies hinter rot-weißem Flatterband. Näher ran darf, wer einen Haftungsausschluss unterschreibt.

Mittwoch ist Gebotsende, und nächsten Montag beginnt das große Ausräumen der Bender-Hallen. Die Gebäude sind nicht Bestandteil der Versteigerung, sie gehören dem früheren Firmeninhaber und werden gesondert vermarktet. Aber aus Sicht der Stadt Kreuztal steht der Wiederansiedlung eines Industriebetriebs nichts im Weg.

Bender Ferndorf Rohr GmbH wurde 1917 gegründet. Damit wäre sie einer der ältesten Industriebetriebe im heutigen Stadtgebiet geworden, wenn nicht 2015 das Aus erfolgt wäre.
Seit einigen Jahren wurde der Konkurrenzdruck zu stark. Sowohl der Nachfrageeinbruch aus Osteuropa als auch Billigprodukte aus Fernost erschwerten die Marktchancen.