20. Jahrhundert

Als ein herausragendes Ereignis der Ortgeschichte gilt bis heute die 900-Jahr-Feier im Jahre 1967 mit einem unvergesslichen Festzug. Davor hatte sich in den 50er und 60er Jahren ein rascher Neuaufbau vollzogen - nach zwei verheerenden Weltkriegen, die auch über Ferndorf großes Leid brachten.

Viele Ferndorfer kamen nach dem Ersten Weltkrieg nicht von der Front zurück - vermisst oder getötet, blieb den Familien nur ihre Väter und Söhne zu beweinen. Der wirtschaftliche Wiederaufbau gestaltete sich auf Grund der politischen Verhältnisse äußerst schwierig. Wirtschaftskrisen, Inflation, Arbeitslosigkeit und Armut waren die vorherrschenden Themen. Ferndorf musste seinen Hirten entlassen, weil die Gemeinde nicht mehr in der Lage war, sein Essen und das Futter seines Hundes zu bezahlen.

In der Zeit der Diktatur der Nationalsozialisten veränderten sich in Ferndorf Straßennamen. So wurde aus der heutigen Ferndorfer Straße die Hermann Göring Straße und der Dorfplatz wurde zum Adolf Hitler Platz umbenannt. Die braunen Unmenschen bauten das Reichsarbeitsdienstlager in Irlenhecken und nutzten es, wie an vielen anderen Orten auch, zur vormilitärischen Ausbildung Jugendlicher. Bekennende Christen und Mitglieder des CVJM waren Schikanen und Gängeleien ausgesetzt. Ansonsten aber war wohl selbst der Ortsgruppenleiter in Ferndorf nicht fanatisiert genug, um den an anderen Orten üblichen Terror zu entfachen. Wieder mussten viele Ferndorfer Männer in dem von den Nazis vom Zaun gebrochenen Krieg an irgend einer Front mit ihrem Leben zahlen. Dann, als fast alles vorbei war, kam im März 1945 noch der Luftangriff der Alliierten. Er galt wahrscheinlich nicht Ferndorf, aber er brachte Unglück und Tod über viele Ferndorfer Familien.

Nach dem Krieg ging es erst langsam, dann schneller aufwärts - auch Ferndorf hatte Teil am Wirtschaftswunder. Politisch war Ferndorf Sitz des gleichnamigen Amtes, zu dem die Gemeinden Burgholdinghausen, Littfeld, Krombach, Eichen, Osthelden, Ober- Mittel- und Junkernhees, Buschhütten, Kredenbach und Kreuztal gehörten.

1969 wurde Ferndorf im Rahmen der kommunalen Neugliederung ein Teil der neuen Stadt Kreuztal.

Auch das haben die Ferndorfer eigentlich nicht gewollt - wenigstens hätte diese neue Stadt, als kleine Reminiszenz an das Ferndorfer Selbstverständnis, Ferndorf heißen sollen. Der Verlust der politischen Selbständigkeit war jedoch der Anfang des Vereins zur Pflege der Dorfgemeinschaft in Ferndorf, der damals von umsichtigen Ferndorfer Bürgern gegründet wurde.

Ferndorf im Jahre 1929
In den 30er Jahren - von oben: Dorfmitte, Wittgensteiner (Marburger) Straße und das RAD Lager in Irlenhecken
1969 - statt Kreuztal FERNDORF