02.09.2006

Der "Dornröschenschlaf" ist beendet

 

Villa Bender vor Abriss bewahrt
Neue Besitzer wollen farbenfrohes Denkmal schaffen

Js Ferndorf. Lange Zelt herrschte Stille in der Bergstraße 3 in Ferndorf. Der letzte Bewohner hatte schon vor Jahren seine Koffer gepackt, im Garten hatten die Pflanzen die Regie übernommen und all die Spuren unter ihren grünen „Klauen“ begraben, die einst vom Leben in der früheren Fabrikantenvilla erzählten. Die durch Steinwürfe zerstörten Scheiben des Wintergartens waren nur notdürftig geflickt worden. Er war ein wahres Trauerspiel, dieser Dornröschenschlaf, der beinahe den Abriss des imposanten Gebäudes bedeutet hätte.

Doch nun ist eine vierköpfige Familie in die Villa eingezogen und mit ihr das Leben. "Das Haus ist damit gerettet", versicherte Heribert Schneider von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Kreuztal im Gespräch mit der Siegener Zeitung. Er weiß nur zu genau, dass das Gebäude nun erst einmal grundlegend renoviert werden muss. "Aber es wird sich lohnen!"

Die Villa der Fabrikantenfamilie Bender stammt aus dem Jahre 1904, wurde aber in den 30er Jahren in seine heutige Form gebracht. Der Anbau des Wintergartens gehörte zu diesem zweiten Bauabschnitt, ebenso der Windfang zur Straße hin und das Vollwalmdach, dem das ursprüngliche Satteldach hatte welchen müssen. Es ist ein Haus mit Geschichte, das ist in Ferndorf bekannt. Umso mehr freute sich Heribert Schneider, dass die neuen Eigentümer, Dr. Ralf und Claudia Polzin aus Aachen, sich zu einer Sanierung nach denkmalpflegerischen Aspekten entschlossen haben. lm Juli hatten sich Gutachter das Westfälischen Amts für Denkmalpflege Münster im Haus umgesehen, es für denkmalwürdig befunden und vorläufig unter Schutt gestellt. Im Herbst erklärte Heribert Schneider werde die endgültige Unterschutzstellung des Gebäudes aufs Tapet des Kreuztaler Kulturausschusses kommen und kurz darauf im Rath beschlossen werden. Eine echte Entscheidung stehe dann nicht an. Wenn Münster ein Gebäude für denkmalwürdig hält, dann ist eine Unterschutzstellung bereits beschlossene Sache.

Die Polzins, die es aus beruflichen Gründen ins nördliche Siegerland verschlagen hat, haben nun noch einiges vor sich. In den Sommerferien waren sie in ihr nicht ganz bezugsfertiges neues Eigenheim gezogen und werden nun hautnah seinen Weg vom Sanierungsfall bis zur Montage der Denkmalplakette erleben. Auf die freut sich Hausherrin Claudia Polzin besonders. Mögliche Einschränkungen durch die Denkmalbehörde stören sie nicht. „Wir wollen es ja genau so haben.“

Den ersten Kampf gegen den Dschungel hinterm Haus haben sie bereits gewonnen, am heutigen Samstag jedoch wird es richtig ernst. Heute rückt die Abrissbirne an. Die wird das eingeschossige Wirtschaftsgebäude entfernen, in dem sich bisher ein nicht sonderlich brauchbares Badezimmer befindet. „An dieser Stelle wird ein zweigeschossiger Anbau entstehen“, verriet Claudia Potzin. Schließlich möchten auch ihre beiden Söhne so bald wie möglich ihre eigenen Zimmer beziehen können.

Abgesehen von dieser auf den ersten Blick drastischen Maßnahme möchten die Polzins sehr behutsam renovieren und arbeiten aus diesem Grunde eng mit der Denkmalbehörde zusammen. Bauleiter ist der Ferndorfer Architekt Daniel Rüdiger Belz, der sich in den vergangenen Monaten stark für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt hat und nun froh ist, tatkräftig an dieser „Wiederbelebung“ mitzuwirken. „Es wäre einfach zu schade gewesen um das schöne Haus“, beteuerte er im Gespräch mit der Siegener Zeitung.

So charakteristische wie charmante Details wie das grün-blau geflieste Badezimmer, der Springbrunnen im Wintergarten und die Originaltüren sollen erhalten bleiben. „Auch der Außenbereich vor dem Wintergarten soll unter Schutz gestellt werden“, erläuterte Claudia Polzin. Dessen Aufteilung passt sich - wenn die Pflanzen erst einmal zurückgeschnitten sind - an die Formen der südlichen Hausfassade an. Doch auch neue Fenster, ein neues Dach, Rohre und Elektroninstallation gehören zum Renovierungspaket. Ebenso ein neuer Außenanstrich. Und der, so viel sei verraten, wird ein wenig Farbe nach Ferndorf bringen.