18.06.2006

Gemeinde gibt OT nicht so schnell auf

Kreuztal-Ferndorf. (hn) In der evangelischen Kirchengemeinde Ferndorf gibt es große Bereitschaft, die seit mehr als 30 Jahre existierende offene Jugendarbeit weiterzuführen. Das wurde gestern bei der Gemeindeversammlung nach dem SonntagsGottesdienst deutlich. Spontan beschlossen die anwesenden Frauen der i-Punkt-Gruppe um Helma Gerlach, die Erlöse ihrer zwei Mal jährlich stattfindenden Second-Hand-Basare für die Finanzierung des Hauses der offenen Tür im Untergeschoss des Gemeindehauses zur Verfügung zu stellen. Dass auch diese rund 1500 Euro das Defizit von bis zu 20 000 Euro ab nächstem Jahr nicht deutlich mindern werden, machte allerdings Pfarrer Peter Renschler deutlich.

Heute Abend will das Presbyterium der Kirchengemeinde unter dem Eindruck der gestrigen Versammlung entscheiden, ob und wann das Haus der offenen Tür geschlossen wird. Bekannt geworden war diese Absicht (wie berichtet) in der vorigen Woche. Der Grund: Die Verteilung der Landesfördermittel für Jugendarbeit durch den Kreis Siegen-Wittgenstein. Die Stadt Kreuztal ist mit ihren vier städtischen Jugendtreffs und dem Haus der offenen Tür in Ferndorf die mit den höchsten Zuschüssen bedachte Kommune im Kreis: "Und jetzt wollen die anderen mehr haben", wusste das ehemalige Kreistagsmitglied Helmut Nölling. Seine Idee war es, einige Räume im Keller des Gemeindehauses zu vermieten und aus den Einnahmen die OT zu unterstützen.

Pfarrer Renschler führte der Gemeinde auf, dass zurückgehende Kirchensteuereinnahmen und die Mittelkürzungen des Kreises das Defizit im Etat der OT immer größer werden lassen. Das werde auch in anderen Bereichen der Gemeinde spürbar. So kann der Hausmeister im Gemeindezentrum Kredenbach ebenfalls nicht weiterbeschäftigt werden. Selbst die Tatsache, dass die ehrenamtlichen Mitarbeiter der OT ab 1. Juli kein Honorar mehr bekommen und der Einrichtung damit jährlich 6500 Euro an Ausgaben ersparen, reicht nicht: "Die einzige Hoffnung ist, dass jemand sagt, ich habe 20 000 Euro im Jahr übrig und die stecke ich da rein. Ein paar hundert Euro helfen nicht."

Aber dieser Spender ist derzeit nicht in Sicht. Elfrun Bernshausen schlug zwar vor, kirchliches Vermögen zu verkaufen. Doch Presbyter Martin Crevecoeur legte dar, dass dies nur schwer möglich sei und der entlastende Effekt nach dem Verkauf nur für kurze Zeit reiche. Ein älteres Gemeindeglied schlug eine Sammlung unter den 4500 Ferndorter Protestanten vor - "ein Euro und mehr". Neumitglied Wolfgang Krämer schloss sich der hauptamtlichen Mitarbeiterin Ulrike Ermisch an und bat das Presbyterium, der Einrichtung über den angedachten Schließungstermin am Jahresende hinaus ein weiteres Jahr zu gewähren. In dieser Zeit könne sich ein Förderverein bilden.

Für die Besucher der Einrichtung sprach die Jugendliche Anna-Lena Schmidt: "Wir erleben dort viel Spaß in unserer Freizeit. Mein Vater ist schon zur OT gegangen, unsere Kinder sollen dies später auch noch dürfen."