13.03.2011

Mirza Sijaric verwandelt Stählerwiese in Tollhaus

Tollhaus Stählerweise. Handball-Drittligist TuS Ferndorf hat im Spitzenspiel den TSV GWD Minden II vor 1200 begeisterten Fans nieder gerungen und mit 27:26 (13:13) die Punkte in Kreuztal behalten. Tabellenführung verteidigt und einen weiteren ganz großen Schritt in Richtung Titel gemacht.

Sieben Sekunden sind noch auf der Uhr. Auszeit. Caslav Dincic nutzt die Gelegenheit, seinen Mannen die taktischen Anweisungen für den entscheidenden Freiwurf mit auf den Weg zu geben. Peter Dettling gibt zu Michael Feldmann, der Kapitän zieht zwei Mindener vom Kreis auf sich und hebt die harzige Kugel auf Linksaußen. Mirza Sijaric springt in den Kreis und pflanzt den Ball ins lange Eck - der Sieg für den TuS. Und die Halle wird zum Tollhaus.

Der Karneval ist seit vier Tagen vorbei, doch die Handball-Fastenzeit ist in Kreuztal längst nicht angebrochen. Die mit fünf Zweitliga-Akteuren bestückte zweite Welle von GWD Minden zieht mit betretenen Mienen in die Kabine. Die "Roten" feiern den Sieg. Ausgelassen tanzt der "Ferndorfer Kreisel". Der TuS hat nach zwei Unentschieden in eigener Halle in Folge dieses ganz wichtige Heimspiel für sich entschieden.

Puh, war das eine "enge Kiste". Verbissen, immer auf Augenhöhe, hart zupackend in beiden Abwehrreihen, die in den Teams die überragenden Mannschaftsteile waren. Ungemein intensive 60 Minuten zogen die 1200 Zuschauer in ihren Bann. "Wir sind vielleicht nicht das Team der besten Individualisten, aber wir sind eine Truppe, in der jeder für den anderen durch dick und dünn geht", so ein glücklicher Dennis Aust am Ende. Er drückt damit aus, dass es das Kollektiv TuS Ferndorf geschafft hat, die von den Einzelspielern her sicherlich beste Drittlga-Mannschaft zu besiegen. Aust selbst, wie auch sein Nebenmann auf der rechten Angriffsseite des TuS, Peter Dettling, hatte unter der rigoros zugreifenden Mindener Deckung am meisten zu leiden.

Das Duett von rechts war fast aus dem Spiel. Für die linken Positionen, auf der Christian Rommelfanger vor dem Spiel passen musste, wechselte Dincic recht "wild" durcheinander. Mal Tim Hilger, mal Frieder Krause - und in den letzten 20 Minuten immer häufiger Julian Schneider. Sehenswert, wie der die eins-gegen-eins-Aktionen suchte, immer den Weg an den Kreis wählte und so drei Siebenmeter heraus holte und selbst drei Treffer "machte". "Im Angriff war er unser Matchwinner", zollte der Trainer dem Youngster ein dickes Lob, auch wenn Dincic auf diesem Drittliga-Niveau keinen Unterschied macht zwischen jungen und älteren Spielern. "Hier zählt nur die Leistung - egal ob alt oder jung. Und die hat heute vor allem in der Abwehr gestimmt."

Fast während des gesamten Spiels hatte sich keine der beiden Mannschaften um mehr als einen Treffer absetzen können. Mit einer Ausnahme: In der 45. Minute hatte der TuS nach dem Treffer des bärenstarken Alen Sijaric eine 20:17-Führung heraus gearbeitet. Allerdings blieb dies eine Momentaufnahme. Denn drei Minuten später hatte Sören Südmeier, die Mindener "Allzweckwaffe" im Rückraum, wieder den Gleichstand hergestellt. "Dieser Vorsprung kam etwas zu früh", so Mirza Sijaric. "Wir waren danach einige Minuten zu nachlässig, haben die Chancen nicht genutzt." Im Anschluss war es wieder das zähe Ringen um Ballbesitz, der Knochenjob am eigenen Kreis. Der TuS legte jetzt in schöner Regelmäßigkeit einen Treffer vor, im Gegenzug war es dann meist Christoph Steinert, der den Gleichstand wieder für Minden schaffte.

In der 58. Minute dreht Steinert dieses Spieß dann sogar wieder um. Minden führt 26:25. Jetzt ist Konzentration im Abschluss gefragt, aber auch die Suche nach dem Risiko. Julian Schneider nimmt sich ein Herz - der Ausgleich. Den Mindener Gegenzug "zerpflückt" Alen Sijaric, er fischt den Ball. Die Chance für den TuS. Wieder prescht der junge Schneider an den Kreis, vom baumlangen Georg Auerswald jäh gestoppt. Der darf sich das Trikot schon ausziehen - Zeitstrafe für den Mindener, der Schneider auflaufen lässt. Der wird kurz behandelt, die von Dincic genommene Auszeit lässt die Uhr auf 29:53 Minuten Spielzeit stehen. Sieben Sekunden zwischen dem erneuten Remis und der Ferndorfer Glückseligkeit. Hatte Mirza Sijaric im Uerdingen-Spiel vor drei Wochen den entscheidenden Ball "verdaddelt", nutzt er nun seine "zweite Chance". Und atmet am Ende auf: "Wenn du so ein Ding reinmachst, ist alles andere vergessen. Aber auch wenn dieses Tor entscheidend war, so war es doch die gesamte Mannschaft, die diesen Sieg wollte." Dem ist nichts hinzuzufügen.

Ferndorf - TSV GWD Minden II 27:26 (13:13).

Ferndorf: Hamers, Rottschäfer; Krause, Alen Sijaric (4), Schneider (3), Lerscht (1), Aust (2/1), Dettling (3), Hilger (5/1), Klatt, Feldmann (6/4), Mirza Sijaric (2), Stelzenbach (1).

Minden: Madert, Ernst; Hane, Camen, Oevermann (3), Fuchs (2), Südmeier (4), Bartsch (4/1), Helmdach (4), Auerswald (2), Steinert (7).

Schiedsrichter: Christian und Fabian vom Dorff (Düsseldorf).

Zuschauer: 1200.