14.10.2011

TKS will sich von Bausystemen trennen

Ein 780-Mann-Betrieb steht zum Verkauf

Eichen. Die TKS-Bausysteme stehen zum Verkauf. Am Freitag unterrichtete der Vorstand von Thyssen-Krupp-Steel Europe die Belegschaft über seine Entscheidung.

js - Ausnahmezustand herrschte zum Wochenausklang bei Thyssen-Krupp-Steel (TKS) in Eichen und Ferndorf. Am Freitagvormittag wurden mehr als 700 Mitarbeiter zu einer Betriebsversammlung im Leonhard-Gläser-Saal der Siegerlandhalle zusammengetrommelt, um über eine am Dienstag hinter verschlossenen Türen getroffene Entscheidung des Vorstands informiert zu werden - eine Entscheidung, die weitreichende Folgen haben wird: TKS Europe möchte sich von seinen Bauaktivitäten mit Hauptsitz in Eichen trennen.

250 Mitarbeiter am Standort Eichen
Rund 780 Mitarbeiter sind bei der an mehreren deutschen und europäischen Standorten ansässigen Sparte "Thyssen-Krupp Bausysteme" beschäftigt, davon etwa 250 in Eichen. Wie der Vorstand am Freitag mitteilte, sollen all diese Standorte veräußert werden. Darauf habe sich die Konzernleitung nach einer "umfassenden Analyse der Möglichkeiten zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit dieses Geschäftsfelds" verständigt. Dem Vernehmen nach waren auch drastischere Varianten wie eine Zerstückelung und eine Stilllegung geprüft worden. Grund für das Handeln sei eine "nicht zufriedenstellende Ergebnissituation". Der Vorstand strebe eine "Best-Owner-Lösung" an, bei der ein neuer Eigentümer aufgetrieben werden solle, "der das Geschäft strategisch weiterentwickelt und mit den notwendigen Investitionen voranbringt".

Käufer noch nicht gefunden
Als Vertreter des Vorstands waren zwei seiner Mitglieder aus Duisburg nach Siegen gereist: Dr. Ulrich Jaroni (zuständig für den Bereich Technik) und Dieter Kroll (Personal). Sie legten der versammelten Belegschaft - auch Kollegen aus der Produktionsstätte in Oldenburg (Schleswig-Holstein) und den deutschen Vertriebsbüros waren in die Siegerlandhalle gekommen - die Entscheidung zum Verkauf des Betriebszweigs dar und verdeutlichten, dass dieser Prozess bis zu anderthalb Jahre dauern werde. Immerhin: ein Käufer steht noch nicht fest. Zudem steht noch die Zustimmung der Aufsichtsratsgremien aus, die erst am 7. Dezember erwartet wird.

Fairness erhofft
"Die Kollegen waren ziemlich betroffen", berichtete Betriebsratsvorsitzender Wolfgang Otto der SZ im Anschluss an die Belegschaftsversammlung. Er habe dem Vorstand einen Forderungskatalog mitgegeben, in dem sich der Betriebsrat in erster Linie für einen Komplettverkauf der Bausysteme ausspricht - mit allen Produktionsstätten und Handelsgesellschaften. Zudem, so die Forderung der Arbeitnehmervertreter, müsse es einen Sozialplan geben, betriebsbedingte Kündigungen sollten ausgeschlossen werden, der Besitzstand gewährleistet sein, der neue Arbeitgeber müsse sich an die Tarifbindung halten. "Wir wollen nicht nur einen ,best owner?, sondern einen ,fair owner?", bezog sich Otto auf den vom Vorstand gewählten Anglizismus, der den Bausystemen künftig den "besten Besitzer" verspricht. Bis Dezember fordert der Betriebsrat vom Vorstand "belastbare Aussagen" zu diesen Forderungen. Und auch in der Vorverkaufsphase solle der Konzern weiter in die Bausysteme investieren, so der Appell.

Verkauf braucht Zeit
Wolfgang Otto geht davon aus, dass sich die Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ebenso wie der eigentliche Verkaufsprozess über viele Monate erstrecken werden. Hierfür werde in Eichen eine Begleitkommission gebildet, in der neben Betriebsrat und Direktion auch Vertreter der IG Metall sitzen werden. Hartwig Durt, 1. Bevollmächtigter der Gewerkschaft, sagte im SZ-Gespräch, dass er die Bausystem-Sparte lieber weiterhin als Teil des Konzerns gesehen hätte. Dennoch bezeichnete er die Entscheidung des TKS-Vorstands als "Perspektive und Sicherheit für die dort beschäftigten Menschen". Vom geplanten Verkauf wird nicht nur der eigentliche Betriebszweig betroffen sein, der Stahl-Leichtbauelemente herstellt, die in Wänden, Fassaden, Dächern und Decken von Industriegebäuden und im Kühlraumbau genutzt werden. Auch der "Flachbereich", die Bandbeschichtungsanlagen in Eichen und Ferndorf, könnte mittelbar die Konsequenzen spüren: Immerhin beliefert dieser mit mehr als der Hälfte seiner Produktion die "Thyssen-Krupp Bausysteme". Der Betriebsrat möchte diese Abhängigkeit mit entsprechenden Lieferverträgen auch an den künftigen Eigentümer übertragen wissen.