26.03.2011

Umweltminister diskutierte mit Landwirten

Remmel: Kein Wildwuchs von Windrädern

Ferndorf. NRW-Landwirtschaftsminister Johannes Remmel sprach in Ferndorf mit Landwirten aus der Region.

pe - Trotz eines höheren Anteils an Windenergie soll es keinen Wildwuchs bei den Windkraftanlagen geben. Diese Sorge entkräftete NRW-Minister Johannes Remmel (Grüne) jetzt bei einem Treffen mit Vertretern der heimischen Landwirtschaft im Ferndorfer "Raiffeisen"-Markt. Remmel, der sich für einen schnellen Ausstieg aus der Atomenergie einsetzt, bezeichnete einen Neubau von 6000 weiteren Windkraftanlagen als "völlig aus der Luft gegriffen". Eingeladen hatte den Minister für Klimaschutz, Umweltschutz, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, der seit Juli des letzten Jahres im Amt ist, der Vorstand der Raiffeisen-Genossenschaft Kreuztal-Olpe-Wenden, darunter Geschäftsführer Norbert Grobbel und Vorsitzender Rainer Marwedel.

Staatsforst für Windräder?
Das Thema Windenergieanlagen sprach Günter Pulte an. Er ist Geschäftsführer der Rothaarwind GmbH, die den Bürgerwindpark in Hilchenbach betreibt, und äußerte die Sorge, dass "große Projektierer" von außerhalb in erheblichem Umfange Flächen anpachten. "Ziel muss aber sein, Projekte zu schaffen, die ihre Spuren vor Ort hinterlassen", sagte Pulte mit Blick auf die in Hilchenbach erreichte Beteiligung von Bürgern. "Wie wäre es, wenn der Staatsforst für entsprechende Bedingungen sorgt und Flächen zur Verfügung stellt?"

Johannes Remmel bezeichnete den Vorschlag als "gut", doch müsse eine solche Vorgehensweise transparent sein. "Da darf es keine Mauscheleien geben. Nach unseren Vorstellungen brauchen wir aber auch nur einen geringen Zubau an Windkraftanlagen, um unsere energiepolitischen Ziele zu erreichen." Prinzipiell reiche die Anzahl der heutigen Anlagen aus, um die vorgesehene Steigerung zu erzielen, sofern sie modernisiert, verbessert oder erhöht würden.

Keine 6000 neuen Anlagen nötig
Remmel dementierte Darstellungen, die über einen Zuwachs von bis zu 6000 Anlagen berichteten. Da die wetterabhängige Erzeugung von Strom für einen wellenförmigen Verlauf der zur Verfügung stehenden Energiemengen sorge, sei eine angepasste Netzstruktur erforderlich, um diese Schwankungen auszugleichen. "Das können nicht die großen Atomkraftwerke, das können auch nicht die großen Kohlekraftwerke." Erforderlich seien vielmehr "kleine, Kraft-Wärme-gekoppelte Anlagen". Als Speichertechnologie sei zudem die Herstellung von Wasserstoff und Methan besonders interessant. "Technisch scheint das zu gehen. Da liegt ein Stück Zukunft, auch unserer individuellen Mobilität - eher als bei Elektrofahrzeugen."

Schwarzwildschäden
Von "erschreckenden" Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen durch Schwarzwild berichtete Henner Braach, der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes. "Ihr Vorgänger hatte schon einiges auf den Weg gebracht", sagte Braach. "Aber das Ziel angepasster Wildbestände beim Rotwild und beim Schwarzwild ist noch immer nicht erreicht, obwohl viele Jäger das Problem erkannt haben und danach handeln." Schwierigkeiten bereiteten aber vor allem "die drei großen Reviere" im Kreisgebiet - gemeint war u. a. auch der Staatsforst, dem Remmel als oberster Dienstherr vorsteht. "Es wäre schön, wenn Sie mit gutem Beispiel vorangehen könnten." Er teile alle Argumente, entgegnete Remmel: "Wir haben eine zu hohe Wilddichte." Die Probleme seien dort gelöst, wo die Jäger auch die vorgegebenen Abschüsse erfüllen. "Wir müssen bei alledem postulieren, dass Wald vor Wild geht. Ohne Jagd wird es nicht gehen, und Wildfleisch ist das ökologischste Fleisch, das man sich denken kann." Doch müsse das Jagdrecht ökologisch angepasst werden. "Wir müssen gewissen Praktiken Einhalt gebieten", sagte Remmel und wies dabei auf übermäßiges "Ankirren" des Schwarzwildes und auf die "Trophäenjagd" hin. "Ich möchte, dass wir Waldschutzjagden veranstalten." Auf die Frage, ob nicht die Zunahme der Maisanbauflächen zur Produktion von Energiemais ebenfalls die Schwarzwildpopulationen habe ansteigen lassen, sagte Remmel: "Hier bei uns im Siegerland ist das zwar kein Problem. Woanders aber schon." Als einen "Jammer" bezeichnete Remmel den Zustand mancher Straßen in seinem heimischen Wahlkreis. "Die Straße zwischen Eckmannshausen und Herzhausen ist für Mensch und Maschine eine Zumutung. Tempo 30 auf einer Landstraße - das geht gar nicht." Doch würden zuweilen schwer nachvollziehbare Schwerpunkte gesetzt. "Eigentlich habe wir gar kein Geld für neue Straßen, denn wir haben einen massiven Substanzverlust bei den bestehenden Straßen." Remmel schlug vor, zur Finanzierung der dringend notwendigen Sanierungen die "steuerliche Subventionierung von Dienstwagen der Premiumklasse" zu streichen. "80 Prozent der Premiumfahrzeuge, die herumfahren, sind Dienstwagen." Der Steuerzahler finanziere diese PS-starken Autos jährlich mit 3,5 Milliarden Euro. "Ist das etwas, was wir uns leisten können?" Johannes Remmel sprach sich außerdem gegen ungebrochenen Flächenverbrauch aus. Dabei unterscheide er sehr genau zwischen Gewerbe- und Industrieflächen. "Wir brauchen sicherlich die eine oder andere Industriefläche. Aber auch, wenn ich hier gerade in einem Markt sitze - wir brauchen nicht den zehnten oder 15. Baumarkt." Es sei für ihn auch nicht zu verstehen, dass Bürgermeister nach wie vor Wohnbauflächen ausweisen lassen. "Da müsste auch der Haus- und Grundeigentümerverein aufstehen, denn das bedeutet ja auch eine Entwertung von Bestandsimmobilien."