17.05.2013

Standorte Eichen und Ferndorf: Thyssen-Krupp zurzeit ohne Betriebsrat

Eichen/Ferndorf. Ein 2010 mit seiner Liste nicht zur Betriebsratswahl zugelassener Kandidat focht die Wahl in dritter Instanz erfolgreich an.

nja - Der Nordsiegerländer Standort von Thyssen-Krupp-Steel (TKS) in Eichen und Ferndorf mit seinen rund 1100 Mitarbeitenden steht seit Mittwochabend ohne Betriebsrat da. Der Grund: Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat in einem Rechtsbeschwerdeverfahren entschieden, dass die Betriebsratswahl aus dem Jahr 2010 unwirksam ist. Dies bedeutet: Der 15 Personen starke Betriebsrat mit seinem Vorsitzenden Wolfgang Otto verlor mit sofortiger Wirkung sein Mandat. "Das ist ein einmaliger Vorgang. Das hat es noch nie gegeben", äußerte sich Otto, seit rund 25 Jahren als Betriebsratsvorsitzender aktiv,  im SZ-Gespräch. Das Urteil habe ihn getroffen. Es seien "höchst beunruhigende Zeiten für die Belegschaft". Da seien "solche Nebenkriegsschauplätze" nicht zu gebrauchen. Wie berichtet, kündigt sich im Thyssenkonzern ein Stellenabbau an (die SZ berichtete am Donnerstag).

Verwechslungsgefahr
Was aber ist die Grundlage für das höchstrichterliche Urteil aus Erfurt? Zur Nordsiegerländer Betriebsratswahl anno 2010 wollten drei Listen kandidieren, darunter Wolfgang Ottos Liste namens "IG Metall Sicherheit und Zukunft" und eine Liste von Ernst-Wilhelm Klöckner mit dem Namen "IG Metall Kündigungsschutz und Arbeitsplatzsicherheit". Der damalige Wahlvorstand forderte Klöckner nach SZ-Information auf, wegen der Verwechlungsgefahr seine Liste umzubenennen. Otto erläuterte: "Unsere Liste war von der IG Metall Siegen autorisiert." Klöckner lehnte dies ab, seine Liste wurde in der Folge vom Wahlvorstand nicht zugelassen. Es traten somit nur noch zwei Listen bei der Wahl an - Wolfgang Otto blieb im Amt.

Rechtsweg beschritten
Daraufhin habe er mit zwei Kollegen die Betriebsratswahl angefochten, berichtete gestern Ernst-Wilhelm Klöckner sichtlich zufrieden im SZ-Gespräch. Die Angelegenheit landete zunächst vor dem Arbeitsgericht Siegen, welches die Anfechtung zurückwies. Klöckner ließ nicht locker und bemühte das Landesarbeitsgericht Hamm. Auch dort wurde beschieden, dass die Handlungsweise des Wahlvorstands korrekt und rechtens gewesen sei. Somit blieb dem bislang Unterlegenen nur noch der Schritt vor das Bundesarbeitsgericht, das am Mittwoch nun die Kehrtwende herbeiführte. Das Urteil liegt vor, eine Begründung allerdings noch nicht. Fakt ist jedoch: Der Nordsiegerländer TKS-Standort steht bis zu den nächsten Wahlen ohne Betriebsrat da. Dann, so kündigte Ernst-Wilhelm Klöckner an, wolle er natürlich wieder antreten. Gleiches gilt selbstverständlich auch für Wolfgang Otto. Dieser wusste bereits zu berichten, dass nun der TKS-Gesamtbetriebsrat einen Wahlvorstand bilden werde. Bis zum Urnengang bei TKS in Eichen und Ferndorf würden aber voraussichtlich zehn bis zwölf Wochen ins Land ziehen.

Nächste Wahl erst in etwa zehn Wochen
Klöckner hatte bereits 2002 und 2006 kandidiert, damals noch mit der Liste "Christliche Gewerkschaft Metall". 2010 dann gründete er seine "eigene" Liste. Er und seine Mitstreiter seien "völlig unzufrieden mit der Arbeit des Betriebsrats" gewesen, erläuterte er. Daran scheint sich nichts geändert zu haben. Wolfgang Otto, seinem Stellvertreter Axel Ganseuer und dem kompletten Betriebsrat - sechs Akteure sind für diese Aufgabe freigestellt - sind nun also die Hände gebunden, er dürfe zurzeit nicht mehr justitiabel als Betriebsrat agieren, so Otto am SZ-Telefon. Beratend bleibe er im Gesamtbetriebsrat tätig, als "normales" Mitglied gehöre er auch weiterhin dem Aufsichtsrat an. Alles weitere wird die nächste Betriebsratswahl im nördlichen Siegerland zeigen.