31.01.2013

Totschlagsverfahren: Emotionen im Zeugenstand

Der 74-Jährige, der im Juli 2012 seine Ehefrau im Bett erstickt haben soll, habe nach einer Operation und einem Krankenhausaufenthalt im Juni deutlich verändert gewirkt – das jedenfalls schilderten am Mittwoch seine Stiefkinder im Gericht.

„Ich war es, nehmen Sie mich mit“, soll der Angeklagte Kurt S. sinngemäß zu einem Polizeibeamten gesagt haben, nachdem er am 28. Juli des vergangenen Jahres seine Frau im Ehebett erstickt hatte. Ein anderer Polizist schrieb eine andere und wesentlich ausführlichere Äußerung nieder. „Ich habe meine Frau umgebracht, bei meinem Sohn hat es nicht geklappt“, habe der 74-Jährige ihm erklärt und später als Grund anhaltende Streitigkeiten in der Familie genannt. Der Stiefsohn habe ihn entmündigen wollen, die Ehefrau immer auf dessen Seite gestanden. Er habe ihnen vorhergesagt, alles werde ein böses Ende nehmen. Die Dinge seien nun beendet. Allerdings sei es wohl nicht die „beste Lösung für die Probleme“ gewesen.

Der Beamte aus Kreuztal erklärte, den Bericht gemeinsam mit einer Kollegin geschrieben zu haben. Es sei kein formelles Vernehmungsprotokoll, er habe sich neben der offiziellen Befragung noch mit dem Beschuldigten unterhalten. „Ich glaube, der alte Mann wusste gar nicht, dass er richtig vernommen wird“, brachte Verteidiger Andreas Trode vor und rügte die Verwendung des Berichts und der darin enthaltenen Angaben als Beweismittel.

Auch sonst sorgte der Iserlohner Anwalt gestern für eine Verzögerung des Verhandlungsplans, indem er die Kinder des Angeklagten länger und intensiver befragte, als Richter Wolfgang Münker dies geplant hatte. Der Stiefsohn (48) schilderte eine normale Kindheit, ohne seinen Vater wäre er „nicht das, was ich heute bin“. Seine Mutter habe nach einer gescheiterten Ehe „mit einem Makel leben müssen“ und alles getan, um die zweite Ehe erfolgreich werden zu lassen, dafür auch zurückgesteckt. Es habe aber „nie Gewalt“ oder ernsthafte Probleme gegeben. Sein Vater sei nach einer Operation im Juni 2012 verändert gewesen, habe auf alle „komisch“ gewirkt und sei ihm aus dem Weg gegangen.

Er habe ihm schließlich zu Unrecht vorgeworfen, ein Verhältnis zu haben und Geld zu wollen. Am Morgen des 28. Juli habe seine Frau ihm gesagt, der Vater habe in sehr freundlichem Ton angerufen und ihn gebeten, zu einer Aussprache zu kommen. Im Haus der Eltern eröffnete ihm der Vater, „mir etwas zeigen zu wollen.“ Er fand dann seine tote Mutter, und sein Vater ging mit einem Hammer auf ihn los: „Er war völlig verändert, hatte einen hochroten Kopf.“

Ungewöhnliche Zornesanfälle habe es auch in den Wochen davor gegeben, selbst gegenüber den Enkeln. Das sei ein völlig neues Verhalten gewesen. Die beiden kämpften, dem Sohn gelang es schließlich zu fliehen. Er habe bis heute Angst vor seinem Vater. „Ich möchte ihm als Christ vergeben, aber ich kann einfach nicht mit ihm sprechen. Noch nicht.“ Seine jüngere Schwester (42) bestätigte, ihr Vater sei nach dem Krankenhausaufenthalt anders gewesen, ihre Mutter habe sich große Sorgen gemacht. Sie wertete die Ideen des Vaters als „eine Art von Verschwörungstheorie“, alle seien in seiner Vorstellung gegen ihn gewesen. Sie habe ihren Vater sowohl in der JVA Attendorn als auch in der forensischen Klinik in Eickelborn besucht und den Eindruck, es tue ihm leid. Er habe erzählt, ihrer Mutter an jenem Morgen den Mund verboten zu haben, danach fehle ihm jede Erinnerung.

Morgen werden weitere Zeugen vernommen.