19.03.2013

TuS Ferndorf kündigt Caslav Dincic

Kreuztal. Aufregung beim TuS Ferndorf: Der Handball-Zweitligist hat Trainer Caslav Dincic am Montagabend die Kündigung zum 30. Juni ausgesprochen und Erik Wudtke als neuen Trainer für die Saison 2013/2014 vorgestellt.

sz - Handball-Zweitligist TuS Ferndorf wird den zum Saisonende auslaufenden Vertrag mit Trainer Caslav Dincic nicht verlängern. Nach sieben Jahren werden sich die Wege des TuS und des 52-jährigen Serben trennen. Grund für diese Entscheidung sind nicht die Leistungen der Mannschaft in der laufenden Saison, sondern langfristige Überlegungen und eine noch stärkere Fokussierung auf die Gesamtstrategie des Vereins. Mit Beginn der kommenden Saison will der TuS Ferndorf noch mehr als bisher und vor allem in der 1. Mannschaft auf Spieler aus der eigenen Jugend setzen. "Mit Hinblick auf die stetig wachsenden Anforderungen im Handball der 2. oder auch 3. Bundesliga halten wir - sportlich und wirtschaftlich - die konsequente Förderung der eigenen Talente für den richtigen Weg. Damit einhergehend werden wir einen kompletten Schnitt vornehmen und den Wechsel auf der Trainerposition vollziehen", teilte der Verein der Presse mit.

Erik Wudtke wird neuer TuS-Trainer
Nachfolger als Trainer des TuS wird der 40-jährige Erik Wudtke. Wudtke hat in seiner aktiven Zeit als Handball-Profi für MT Melsungen sowie in der ersten französischen Liga für US Dunkerque gespielt und wurde während seiner Station beim HC Eynatten Belgischer Meister. Nach Trainerstationen bei der Ibbenbürener SV und der SG Hamburg-Nord war der DHB-A-Lizenzinhaber zuletzt Landestrainer beim Hamburger Handball-Verband und auch DHB-Stützpunkt- und Jugendtrainer. "Wir sind davon überzeugt, dass Erik Wudtke seine fachlichen Kenntnisse im Zusammenhang mit seinen Erfahrungen in der Arbeit mit jungen Talenten sowie seine Fähigkeiten als ausgebildeter Sportfachwirt hervorragend für die Ziele des TuS Ferndorf einbringen wird", schreibt der TuS Ferndorf in der Pressemitteilung.

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Ein Kommentar zur Nicht-Verlängerung des Vertrages von Trainer Caslav Dincic.

Bei der Tageskonferenz in der SZ-Redaktion erntete der "Sport" gestern ungläubige Reaktionen von den Kollegen aus Politik, Kultur und Lokalem. Einer fragte leicht entrüstet: "Ja, sind die denn so doof, das ausgerechnet jetzt zu machen?" Er meinte natürlich die Bekanntgabe der Trennung des TuS Ferndorf von Trainer Caslav Dincic zum Saisonende und die Verpflichtung eines Nobody aus dem Jugendbereich, die in der heimischen Sport-Öffentlichkeit wie eine Bombe einschlugen. Die Antwort auf diese Frage ist zwar nicht einfach, aber eines ist sicher: "doof" ist in der Handball-Abteilung und in der TuS Ferndorf Handball GmbH niemand. Was aber um alles in der Welt hat die Verantwortlichen dann bewogen, schon gegen Ende der Winterpause Kontakt mit einem anderen, noch dazu völlig unbekannten Trainer aufzunehmen? Genau zu jenem Zeitpunkt also, als man dank des Engagements der Sponsoren personell nachlegte.

Ferndorf wieder den Ferndorfern
Die Begründung des TuS Ferndorf zur Trennung von Erfolgstrainer Dincic weist klar in eine Richtung: Ferndorf wieder den Ferndorfern! Es sollen dieser Erklärung zufolge nämlich mehr Jugendspieler in der 1. Mannschaft spielen. Langfristig werde sich das dann schon auszahlen. Zu diesem Punkte sei gesagt, dass der TuS tatsächlich über einige sehr gute junge Handballer verfügt. Die beiden Schneider-Brüder, Patrick Bettig und andere, die sich gerade in der Verbandsliga (!) bewähren. Alles prima Jungs mit richtig Potenzial, denen man als Handballfreund wirklich von Herzen alles Gute wünscht. Julian Schneider, schon ein paar Jahre dabei, könnte sogar genau jetzt den Durchbruch schaffen. Aber diese Spieler brauchen ansonsten Zeit, Zeit um zu reifen. Das kann man in der Oberliga, vielleicht sogar in der 3. Liga. Aber dazu wäre es Auftrag an die Vereinsführung gewesen, ein Konzept zu entwickeln, das entweder die 2. Mannschaft nach oben führt oder eine Kooperation mit einem Drittligisten vorsieht (Zweitspielrecht). Diese jedoch in der 2. Liga zu "verheizen" wäre zum klaren Schaden des Vereins und vor allem der Talente. Und stärken müsste man mit dem geeigneten Trainern die Jugend in der Jugend. Die 2. Liga hätte dann als Aushängeschild mit Strahlkraft auf die talentierten Jugendlichen in ganz Südwestfalen fungieren können.

Vom 1. Tag an im Regen
Doch genau das hatte man beim TuS nie wirklich im Sinn. Vielmehr entwickeln sich jetzt Beobachtungen aus den vergangenen elfeinhalb Monaten seit der damaligen Kehrtwende hin zum "Ja" zur 2. Bundesliga zu einem ernüchternden Gesamtbild. Denn wenn nicht alles täuscht, hatte man nichts anderes von Anfang an geplant. 2. Liga ja, weil der Druck der Öffentlichkeit zu stark wurde, aber dann das Projekt bitte auch so leise und schnell wie möglich wieder beerdigen. Kein anderer Zweitligist muss ohne Co-Trainer, ohne Torwarttrainer und vor allem ohne eine Person arbeiten, die sich den ganzen Tag um die Belange in einer absoluten Profiliga kümmert und dem Trainer so den Rücken frei hält. Sich um die eigenen Spieler, um die Schiedsrichter, um die Funktionäre und um die Sponsoren kümmert. Caslav Dincic aber stand in der 2. Liga vom ersten Tag an völlig alleine im Regen. Ob stille Hoffnung im Hintergrund oder gar Plan - kein anderer außer dem Serben hätte das so lange - und dann auch noch mit ständig steigendem Erfolg - durchgehalten!

Chance, Nr. 1-Marke zu werden
Gerade in den letzten Wochen passierte sogar Erstaunliches. Der Handball-Verein TuS Ferndorf überholt gerade in der öffentlichen Aufmerksamkeit die stagnierenden Fußballer aus Siegen. Immer mehr Sponsoren klopften an, angelockt vom exzellenten Leumund des TuS Ferndorf und der auch über die Medien transportierten Botschaft von prickelnden Top-Sport. Dem TuS Ferndorf eröffnete sich plötzlich eine Chance, sich in der Region und im deutschen Sport zu einer Nr.-1-Marke zu entwickeln. Wie müssen sich jetzt aber die Fanclubs fühlen, die zu jedem Spiel durch ganz Deutschland reisen. Wie die Sponsoren, die diesen Weg erst freimachten? Und wie die Zuschauer, die sich Dauerkarten für die ganze Saison kauften, wenn jetzt ohne jeden Grund alles über den Haufen geworfen wird, ja sogar der "Salto rückwärts" eingeleitet wird? Ferndorf wieder den Ferndorfern - die Region schüttelt nur den Kopf.    Jost-Rainer Georg