08.09.2014

Handball: Am Ende lacht nur Leichlingen

Kreuztal. Spannung ist die eine Seite, von der ein Handspiel lebt. Und die gab es zur Genüge am Samstagabend in Kreuztal. Allerdings erst ganz am Schluss. Und ganz anders, als es sich die Ferndorfer Zuschauer in der Halle Stählerweise erträumt hatten. Sie waren entsetzt, als sie eine Sekunde vor dem Ende plötzlich die 27 hinter „Gäste“ – also für den Leichlinger TV – auf der Anzeigentafel lesen mussten, während auf der Seite „Heim“ schon seit fast fünf Minuten die 26 Bestand hatte. Der TuS Ferndorf verliert auch sein Heimdebüt in der 3. Handball-Liga und steht mit 0:4 Punkten zunächst mal im Keller.

Heißblütig
Spannung ist, wie gesagt, die eine Seite, von der ein Handballspiel lebt. Es sollte aber auch von Souveränität profitieren, die ein Sechs-Tore-Vorsprung einer Mannschaft geben sollte. Die Ferndorfer haben sie nicht bewiesen. Bei 23:17-Führung nach 50 absolvierten guten Minuten rieben sich die Fans schon mal die Hände, klangen Pauken und Trommeln der Füchse in der Hallen-Ecke siegessicher.

Doch Souveränität legten die Mannen von Trainer Erik Wudtke peu à peu ab. Und als der starke Leichlinger Rechtsaußen Patrick Ranftler so richtig heiß lief, Tim Hilger an alter Wirkungsstätte („Es war schon komisch, zum ersten Mal hier von der anderen Seite einzulaufen...“) immer effektivere „Verteiler-Dienste“ in der Mitte leistete, kippte die Partie allmählich. „Wir haben eine katastrophale Quote“, ereiferte sich Gäste-Trainer Frank Lorenzet heißblütig an der Seitenlinie. Das Temperamentbündel griff zu anderen Mitteln. Manndeckung, mal einfach, mal doppelt, mal übers ganze Feld. Taktische Winkelzüge, die den TuS mehr und mehr verunsicherten. „Solche Veränderungen müssen zünden – und sie haben gezündet“, frohlockte Lorenzet am Ende.

Sein aus Österreich geholter Litauer Valdas Novickis traf die Ferndorfer quasi mit der Schlusssirene ins Mark, löste Entsetzen auf der Tribüne aus. Der schöne Vorsprung war nicht nur futsch, das Spiel war gekippt. Und die Gäste jubeln, hüpfen im Kreis. „Man kann sich vorstellen, dass bei uns in der Kabine keine Karnevals-Stimmung herrscht“, beschreibt Erik Wudtke die Trübsal, die dagegen die „Roten“ blasen. Die hatten in diesen letzten Minuten angeknüpft an die zweite Halbzeit von Schalksmühle, als die Trefferquote nach unten ging, sich Nervosität breit machte, das Spiel aus den Händen glitt. Und als beim 26:26 die Chance bestand, ein glückliches Ende in der Stählerwiese zu erzwingen, suchte Routinier Alexander Koke zu schnell, zu überhastet den Abschluss.

Bittere Sekunden
Die Uhr zeigt noch neun Sekunden, als der Ball von Vukas Fuß in den Kreis tröpfelt, Lorenzet die letzte Auszeit anzeigt. Neun Sekunden Zeit für die Gäste, neun Sekunden, in denen die Gesichter auf der Tribüne immer länger wurden und Entsetzen ausdrückten, als Novickis den alles entscheidenden Schlag setzte. „Ich kritisiere die Mannschaft nicht öffentlich, aber ich bin natürlich – wie wir alle – enttäuscht“, deutete Erik Wudtke an, dass er einiges zu bemängeln haben wird am Auftritt seiner Truppe. Vergessen war da bereits der gute Einstand von Daniel Mestrum, der auf Linksaußen sein Potenzial mehr als nur andeutete. Vergessen war die herausragende Leistung von Keeper Kai Rottschäfer, der vier, fünf Eins-gegen-Eins-Situationen entschärfte. Vergessen zudem das insgesamt gute Abwehrverhalten. Denn es bleibt unter dem Strich die Enttäuschung über ein verlorenes Spiel, das eigentlich schon längst gewonnen war.

Ferndorf: Rottschäfer, (Puhl); John, Koke (2/1), Breuer (4/3), Thomas (3), Weis (5), Reuter, Bettig, Schneider (1), Mestrum (6), Sartisson.

Leichlingen: Vukas; Schumacher (1/1), Lange (1), Janssen (4), Hilger (4/1), Nivickis (8/1), Lajnef, Padeken (2), Ranftler (7).

Schiedsrichter: Kropp/Siebert (Osnabrück).

Spielfilm: 1:0 (4.), 1:1 (5.), 4:4 (10.), 7:7 (14.), 9:7 (16.), 10:10 (19.), 14:10 (27.), 14:11 (Halbzeit); 16:11 (32.), 16:13 (36.), 17:15 (39.), 19:15 (41.), 22:16 (47.), 23:17 (50.), 24:21 (53.), 26:23 (56.), 26:25 (59.), 26:27 (60. und Schluss).

Zuschauer: 700